Wortmann wächst um und mit b.com

Dienstag nach Ostern wird bei b.com das Geschäft wieder aufgenommen. Die Wortmann Beteiligungsgesellschaft hat den Kölner Distributor übernommen. In der Branche sorgt der Asset-Deal für Aufsehen, wird überwiegend aber positiv bewertet.

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Von
  • Matthias Parbel

Gründonnerstag null Uhr. Aufatmen in der Führungsetage des Kölner Distributors b.com. Und Durchatmen bei einem Großteil der verbliebenen Mitarbeiter. Insolvenzverwalter Frank Kebekus kann einen verhältnismäßig schnellen Erfolg verbuchen: Der Komponenten- und Peripheriedistributor, seit 15. März im Insolvenzverfahren, befindet sich im Zuge eines Asset Deals seit 28. März in der Wortmann Beteiligung GmbH.

Mit vereinten Kräften: b.com rückt unter das Wortmann-Dach

(Bild: Wortmann/b.com)

Während Siegbert Wortmann, Vorstandschef der Wortmann AG und der Wortmann Beteiligung GmbH, noch im wohlverdienten Urlaub weilt, wie seine engen Mitarbeiter Robin Wittland und Tom Knicker heise resale glaubwürdig versichern, wird der Neustart des Kölner Grossisten mit Nachdruck vorbereitet. Denn Dienstag nach Ostern – dann sitzt auch Wortmann wieder an seinem Schreibtisch am Firmensitz in Hüllhorst – soll der Geschäftsbetrieb bei b.com wieder aufgenommen werden. Dann allerdings nicht mehr unter der Firmierung b.com Computer AG, sondern in einer Auffanggesellschaft, die künftig als b.com Computer GmbH firmieren wird. Diese Auffanggesellschaft soll laut Insolvenzverwalter "ihren Kunden in der gewohnten Qualität nach Ostern wieder vollumfänglich zur Verfügung stehen".

"Die Händler können weiterhin an ihre bekannten Ansprechpartner bei b.com wenden" Thomas Knicker, Aufsichtsratsmitglied der Wortmann AG und Gesellschafter der Wortmann Beteiligung GmbH

(Bild: Wortmann)

So ganz in gewohnter Form allerdings nicht gleich. Denn noch befindet sich die Ware in einem Übergangslager. Schon vor dem Insolvenzantrag hatte b.com das bei DHL in Staufenberg gemietete Logistiklager gekündigt und die Ware zur Lagerwerk GmbH nach Braunschweig, die zum Distributor Kosatec gehört, umgeschichtet. Wie heise resale erfahren hat, soll mit dem Neuanfang des Kölner Grossisten wohl sehr bald die b.com-Ware im Wortmann-Lager aufschlagen. Mithin ein Prozess, der nach Ansicht erfahrener Distributoren sicherlich nicht einfach sein wird. Hingegen betont Tom Knicker, Aufsichtsratsmitglied bei der Wortmann AG und mit zehn Prozent Minderheitsgesellschafter der Wortmann Beteiligung GmbH, gegenüber heise resale: "Vorläufig bleiben Logistik, Firmensitz in Köln sowie die Vertriebsbüros in Braunschweig und Gießen erhalten." Die Frage, ob und wann beispielsweise die Logistik über Hüllhorst abgewickelt werde, sei derzeit kein Thema. Und über die bisherigen Auslandsaktivitäten bei b.com gibt es ebenfalls keine Aussagen.

Ebenso sei die Frage, ob die bisherigen b.com-Gesellschafter Torsten Belverato und Patrick Köhler Anteile an der neuen GmbH halten werden, derzeit kein Diskussionspunkt. Sicher hingegen ist, dass Belverato und Köhler als Geschäftsführer die neue Gesellschaft führen werden. Gleiches gilt auch bei den wichtigen Mitarbeitern im Unternehmen: "Die Ansprechpartner werden bleiben." Gleichwohl ist mit Kündigungen, soweit nicht schon vollzogen, zu rechnen. Von den zuletzt 115 Mitarbeitern hat bereits rund ein Drittel die Kündigung erhalten. Knicker: "Mit Sicherheit wird der Großteil aller Arbeitsplätze, also über 50 Stellen, erhalten bleiben."

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Asset versus Share Deal

Basis für die Wortmann-Übernahme von b.com war ein Asset Deal. Bei dieser Form des Unternehmenskaufs werden sämtliche Wirtschaftsgüter einer Firma erworben. Nicht verpflichtend für den Käufer ist die Begleichung und Haftung für die Verbindlichkeiten des Unternehmens. Anders dagegen bei einem Share Deal. Dabei werden die Anteile einer Gesellschaft erworben. Der Käufer wird Anteilseigner und übernimmt zugleich alle damit verbundenen Rechte und Pflichten.

Die Wortmann Beteiligung ist nicht unerfahren im Zukauf oder auch an der Begleitung von Distributionsunternehmen. So war Wortmann in der Vergangenheit auch am Braunschweiger Grossisten Devil beteiligt. Während diese Verbindung schon vor Längerem abgewickelt wurde, hält die Gesellschaft derzeit neben der Wortmann AG, unter anderem 100 Prozent am IT-Händler XINU GmbH in Hüllhorst, 90 Prozent an dem Assemblierer DHG GmbH in Hüllhorst und über 50 Prozent an dem Komponentengrossisten BAB Distribution GmbH, in Bünde-Ennigloh. Der Großhändler zählt mittlerweile zu den Aufsteigern, der vor allem über die größeren Player zuletzt etwa 70 Millionen Euro erwirtschaftete. Außerdem gehören zur Beteiligungsgesellschaft die Terra Wortmann in der Schweiz, die Terra-Computer-France sowie die MCD Medical Computers Deutschland in Mönchengladbach.

Die Reaktion der IT-Distributoren und Händler, die von heise resale zu der Übernahme befragt worden sind, sehen darin eine gute Chance für den Fortbestand von b.com. Selbst unmittelbare Mitbewerber beider Unternehmen, "freuen sich für die betroffenen Personen und auch für b.com über den Deal". Dies dürfte auch Wortmann Manager Knicker Freude bereiten. Schließlich habe der Kölner Distributor in der Vergangenheit "erfolgreich gearbeitet". Sicherlich, so Knicker, sei für die Übernahme auch das Kundenpotenzial bei b.com von Bedeutung gewesen. Nicht ausschließlich, meint er, aber immerhin. Zumindest sieht er kaum wesentliche Kundenüberschneidungen, eher schon eine sinnvolle Ergänzung.

Dabei dürfte sicherlich auch die Absicht bei Wortmann eine Rolle spielen, über die b.com-Kunden die Terra-Eigenmarkenprodukte zu verkaufen. Hier allerdings gibt beispielsweise ein Manager aus dem Umfeld der Eigenmarken und Distributionswettbewerber zu bedenken, dass die Wortmann AG mit b.com einen deutlichen Umsatzzuwachs erreichen kann, "und mit Ihrem Marken-Geschäft so langsam an die Milliarden-Grenze stoßen könnte – was allerdings organisatorisch und wirtschaftlich durchaus riskant sein könnte". Ansonsten aber fragen sich viele Teilnehmer der Branche – die namentlich jedoch nicht genannt werden wollen – was Wortmann mit b.com bezwecke, außer der erweiterten Kundenbasis?

"Für die Kunden werden die berechtigten Sorgen bei Garantie- und Gewährleistungsfällen jetzt deutlich kleiner", Michael Schröder, Leiter Liefermanagement bei Emendo

(Bild: Emendo)

Immerhin gebe es Gerüchte, wonach Wortmann in der Vergangenheit Ware für mehrere Millionen Euro an b.com geliefert habe. In wie weit und vor allem in welchem Umfang, dazu konnte oder wollte keiner der Befragten Genaueres sagen. Doch sollte dies zutreffen, dann, so heißt es, könne auch dies einer von mehreren Gründen für die Übernahme gewesen sein. Auf jeden Fall, so der Manager eines großen Distributors, sei die Übernahme für die Branche positiv zu werten, auch mit Blick auf die immer restriktiver verfahrenden Kreditversicherer. Und dem Handel rät er: "Jeder Reseller sollte jetzt erst einmal abwarten und sehen, was und wie es weiter geht."

Durchaus optimistisch und auch offen äußert sich dazu Michael Schröder, Leiter Liefermanagement bei der Fachhandelskooperation Emendo in Kirchlengern, die mit Wortmann zusammen arbeitet: "Stellvertretend für viele b.com-Kunden innerhalb unserer Verbundgruppe hoffen wir, dass sich das Team in Köln möglichst schnell von der doch deutlich spürbaren Schockstarre erholt, um nun das Tagesgeschäft wieder aufnehmen zu können. Erfreulich für uns an der Übernahme durch die Wortmann-Gruppe ist vor allem, dass damit wohl auch die berechtigten Sorgen rund um Garantie- und Gewährleistungsfälle deutlich kleiner werden. Gerade jetzt wird es allerdings unverzichtbar sein, die Kundenkommunikation gradliniger und transparenter zu gestalten als in den vergangenen Tagen." (map)
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