Zahlen, Daten, Fakten und ganz viel Gefühl

Emotionen haben im Job nichts zu suchen? Von wegen! Vielmehr sollte man Rationalität mit Emotionalität mischen – denn Gefühle im Job stärken nicht nur den Teamgeist, sondern auch die eigene Gesundheit.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Wer seinen Gefühlen im Büro freien Lauf lässt, geht durchaus ein hohes Risiko ein. Vor allem, wenn er mit Vorgesetzten zusammenarbeitet, für die nur "Zahlen, Daten, Fakten" zählen. Denn bei diesen Typen läuft man schnell Gefahr, als unprofessionell oder gar hysterisch zu gelten, wenn man sich nicht ständig wie ein gefühlloser Roboter verhält. Aber wer kann das schon und vor allem: wer will das eigentlich noch?

Die Zusammenarbeit in Teams basiert nicht nur auf den fachlichen Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter. Auch die Emotionen spielen dabei eine ganz erhebliche Rolle. Häufig geben sie sogar den Ausschlag, ob ein Team erfolgreich zusammenarbeitet oder nicht. Denn unsere Gefühle beeinflussen sowohl die Fähigkeiten, also das "Können", als auch unsere Bereitschaft, also das "Wollen", zur Leistung.

Deshalb ist das "professionelle" Büro, in dem sich alle nur auf Fakten und ihre Arbeit konzentrieren und einen neutralen Umgang miteinander pflegen, eine Illusion: Es ist für einen Menschen unmöglich, nicht zu fühlen. Wir können nicht verhindern, dass uns ein Mensch sympathisch oder unsympathisch ist, wir uns auf eine Aufgabe freuen oder uns über die frechen Sprüche des Kollegen ärgern. Der Umgang der Menschen miteinander ist immer auch emotional. Wir können solche Gefühle vielleicht für einen Moment unterdrücken beziehungsweise überspielen, aber abschalten können wir sie nicht. Das ist auch nicht gesund: wer ständig gegen die eigene Natur arbeitet, befindet sich permanent im Stress und hat ein höheres Burn-out-Risiko.

Natürlich heißt das nicht, dass man jetzt in das andere Extrem verfallen und sich im Büro total gehen lassen sollte. Auch das ist dem Betriebsklima und der eigenen Karriere sicherlich nicht förderlich. Aber eine gesunde Mischung aus Gefühl und Kalkül garantiert den Erfolg. Vor allem Vorgesetzte profitieren durchaus davon, hier und da Emotionen zuzulassen: Sie wirken menschlicher, sympathischer und fördern durch das Zulassen der Emotionen auch den Zusammenhalt im Team.

Denn gerade für die Zusammenarbeit von Teams sind Emotionen besonders wichtig. Zum einen lassen sie sich wie gesagt nicht unterdrücken, zum anderen können sie den Ausschlag für den Erfolg geben, denn wenn "die Chemie" im Team stimmt, wird es auch erfolgreich zusammenarbeiten. Steuern Sie deshalb die Emotionen Ihrer Arbeitsteams! Um das zu erreichen, müssen Sie die folgenden Punkte beachten.

  1. Ein Team wird nur funktionieren, wenn sich alle im Team mit der Idee und den Regeln identifizieren, gegenseitiges Vertrauen herrscht und alle an den Erfolg und das Leistungsvermögen der Gruppe glauben. Daher sollten Sie die Gruppe auch unter diesen Gesichtspunkten zusammenstellen. Es bringt nichts, wenn sie einen genialen Ingenieur in dieses Team setzen, weil Sie glauben, sein Know-how werde benötigt, er aber kein Teamplayer ist oder sich gar mit der Aufgabe nicht anfreunden kann. Verzichten Sie lieber auf solche Mitglieder oder tauschen Sie sie aus, sonst schaden sie der Gruppenleistung.

  2. Bei einem Team gibt es zum einen die Gefühle des Einzelnen, zum anderen die Stimmung im Team zu beachten. Beide beeinflussen sich gegenseitig. Deswegen sollte man es nicht versäumen, bestimmte Verhaltensregeln für die Gruppe aufzustellen: Jeder darf ausreden, keine Idee wird lächerlich gemacht, niemand darf seinen Rang beim Teamwork ausnutzen. Pünktlichkeit, Respekt, höfliches Verhalten, gegenseitige Unterstützung sollten unantastbare Grundsätze sein. Bei Diskussionen darf es ruhig mal "hoch hergehen", aber debattiert wird über die Sache, niemals wird eine Person als solche kritisiert.

  3. Offenheit und Emotionen sind dennoch erwünscht, auch das sollten Sie klarstellen. Wer Probleme sieht oder sich nicht wohlfühlt, soll dies auch sagen dürfen. Es ist vor allem der Job des Vorgesetzten, entsprechend darauf zu reagieren, nach einer Lösung zu suchen und sich bei dem Mitarbeiter für seine Ehrlichkeit zu bedanken. Unterstützen Sie den emotionalen Austausch durch gemeinsame Feiern, bei denen sich alle auch privat kennenlernen können, bieten Sie aber auch einen "Kummerkasten" oder Sprechstunden an, so dass sich die Mitarbeiter anonym oder direkt mit Ihren Problemen an Sie wenden können.

Machen Sie zunächst eine ehrliche Bestandsaufnahme ihrer eigenen Gefühlswelt: Welche Gefühle lassen Sie im Job zu, welche unterdrücken Sie? Wie treffen Sie Entscheidungen? Wie erfolgreich sind Sie damit? Was würden Sie gerne ändern? Welche Gefühle machen sich bemerkbar, wenn Sie sie überhaupt nicht brauchen können? Bahnen sich die unterdrückten Gefühle vielleicht schon einen anderen Weg? haben Sie nach einer Aufregung oder einer Auseinandersetzung vielleicht Migräne, Magen- oder Rückenschmerzen?

Führungskräfte, die sich mit ihren eigenen Emotionen beschäftigen, werden auch von den Mitarbeitern besser angenommen. Denn sie wirken authentischer als ein Chef, der immer nur alles mit sich selbst ausmacht. Ein cholerischer Chef, der seiner Wut freien Lauf lässt und so von seinen Gefühlen überrollt wird, dass er die Kontrolle verliert, ist für Kreativität und Betriebsklima allerdings auch tödlich. Die Kunst besteht darin, Rationalität und Emotionalität in ein gutes, ausgewogenen Verhältnis zu bringen. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)