Zum Fall Torsten Seiferth/iTeam: Wenn´s nicht passt, dann passt´s nicht

Es mag Situation geben, in denen der Spruch "Was nicht passt, wird passend gemacht" eine sinnvolle Verwendung findet. Wenn es um Mitarbeiter und Unternehmen geht, sicher nicht. Wofür der Fall des Torsten Seiferth ein weiterer Beleg ist.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Iteam-Geschäftsführer Torsten Seiferth

(Bild: Iteam/Synaxon)

Lieber "Noch"-iTeam-Geschäftsführer Torsten Seiferth,

wie, Sie hören bei iTeam in Bielfeld schon wieder auf? Sie sind doch gerade erst da! Offiziell haben Sie die Geschäftsführerposition bei der Systemhaus-Kooperation erst im Januar dieses Jahres aufgenommen, jetzt haben Sie gekündigt und werden Ende Juli von Bord gehen. Tja, manchmal geht es schneller, als man denkt. Es gibt sogar Firmen, die verschicken grundsätzlich keine Pressemitteilungen über die Verpflichtung eines neuen Managers, weil sie befürchten, dass er schon nicht mehr an Bord ist, wenn die Zeitungen diese Meldungen veröffentlichen.

Mit Ihnen, lieber Herr Seiferth, verliert iTeam den "Wunschkandidaten" von Synaxon-Vorstand Andreas Wenninger (PR-Mitteilung vom 25. September 2008). Aber die gute Nachricht ist: Es gibt bereits einen Nachfolger. Der heißt Olaf Kaiser und stand bereits von 2006 bis 2008 als stellvertretender CTO und Leiter Softwareentwicklung auf der Synaxon-Payroll.

Für Ihren Entschluss, iTeam und damit den Synaxon-Konzern nach so kurzer Zeit wieder zu verlassen, machen Sie "persönliche Gründe" geltend. "Persönliche Gründe" – das kann alles heißen, von "Bielefeld ist doch nicht so schön wie ich dachte" über "Das Essen in der Kantine ist ungenießbar" bis "Ich bin unterfordert". Das ist ja der wesentliche Unterschied zwischen einer Kündigung "aus persönlichen" und einer "aus privaten Gründen". Die "persönlichen" haben immer etwas mit der Firma und der Aufgabe zu tun, die "privaten" nicht.

Sagen wir doch so, wie es ist: Es hat einfach nicht gepasst. Das wundert mich nicht. Wer wie Sie 13 Jahre in verantwortlicher Position bei einem Distributor seine Brötchen verdient hat und dann als Geschäftsführer einer Kooperation von Systemhäusern vorstehen soll – das ist ein bisschen so wie der Wechsel von einer Fußball- zu einer Wasserballmannschaft: Beide Mannschaften haben es zwar mit einem Ball zu tun, aber ansonsten überwiegen die Unterschiede. "Es hat einfach nicht gepasst" – das kommt in den besten Familien vor, dafür muss sich niemand schämen, und wenn man sich nach kurzer Zeit wieder trennt, ist auch weder der Manager noch das Unternehmen beschädigt. "Es hat einfach nicht gepasst" ist nicht der schlechteste Grund für eine frühzeitige Trennung, im Gegenteil.

Es gibt Firmen, deren Kultur (also die Gesamtheit der Ziele und Werte, die im Idealfall alle Mitarbeiter akzeptieren und denen sie sich verpflichtet fühlen sowie der Umgang miteinander) ist so speziell, wer diese Kultur nicht mit der Muttermilch aufgesogen hat, der kann fast nur scheitern. Da ist fast jeder, der von außen kommt, überfordert. "Was nicht passt, wird passend gemacht" – wenn dieser Satz irgendwo Blödsinn ist, dann bei der Stellenbesetzung in Unternehmen.

Vielleicht kennen Sie das Buch "Hidden Champions des 21. Jahrhunderts" von Hermann Simon. Eine spannende und inspirierende Lektüre! Simon befasst sich in dem Buch auch mit dem Thema "Fluktuation" bei den "kleinen Weltmarktführern" (S. 304 – 307). Das Ergebnis ist, dass zwar die "langjährige Fluktuationsrate" bei den Hidden Champions "extrem niedrig", die Fluktuation "am Anfang", also in den ersten Monaten, aber sehr hoch ist. Mit anderen Worten: Entweder es passt zwischen Firma und neuem Mitarbeiter – dann steht einer langen und erfolgreichen Beziehung nichts im Wege –, oder es passt nicht – dann muss man sich trennen. Und es ist eine Illusion zu glauben, dass man die Frage, ob es passt, schon immer vorher beantworten kann. Man kann es nicht. Aufgrund dieser Erfahrungen empfiehlt Simon allen "Unternehmen mit ausgeprägt eigenwilligen Unternehmenskulturen (...), bevorzugt junge Leute einzustellen, die sich von Beginn ihrer Karriere an in diese Kultur einleben und in ihr heimisch werden" (S. 308).

Nun sind Synaxon oder iTeam zwar kein "Hidden Champion" im Sinne von Hermann Simon, aber "Unternehmen mit ausgeprägt eigenwilligen Unternehmenskulturen" vielleicht schon. Wie jede Firma haben auch Synaxon und iTeam ihre spezielle Kultur, in der sich nicht jeder wohlfühlt. Wenn man feststellt, dass es nicht passt, ja, dann passt es halt nicht, und man geht wieder auseinander. Das wünscht man sich am Anfang nicht – weder auf der Unternehmensseite noch auf der Manager- oder Mitarbeiterseite –, aber das passiert eben und läßt sich nicht immer vermeiden. In solchen Fällen ist ein schneller Schnitt jedenfalls die beste Lösung für alle Beteiligten.

Lieber Herr Seiferth, alles Gute für Sie und beste Grüße!

Damian Sicking

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