c't Fotografie 5/2021
S. 40
Reportage
Vom Selbstporträt zum Selfie
Carolina Wolfrum

Das Selbstporträt & das Phänomen Selfie Von der Antike bis Instagram

Eigene Kunstgattung oder nur Mittel zur Selbstvermarktung? Carolina Wolfrum erzählt die Geschichte von den ersten Selbstbildnissen bis hin zum heutigen Selfie-Boom auf Instagram und Co. Sie findet dabei erstaunliche Parallelen zwischen damals und heute.

Albrecht Dürer „Selbstbildnis im Pelzrock“(1500), das erste in Deutschland entstandene autonome Selbstbildnis. Auch junge Menschen setzen sich reflektiert mit dem Selfie-Trend auseinander und spielen mit formalen Gestaltungsregeln der traditionellen Selbstporträts.
Bild: Albrecht Dürer, Selbstbildnis im Pelzrock, 1500, Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Alte Pinakothek München
Selfie von Missi als rechte Hälfte des Aufmachers

Das Phänomen Selfie geht seit Jahren als viraler Trend um die ganze Welt. Es gibt kaum jemanden, der nicht bei einer passenden Gelegenheit sein Smartphone zückt, um sich selbst zu fotografieren und die Aufnahmen gleich im Anschluss über Facebook, Instagram, Twitter und Co. zu teilen. Sogar öffentliche Personen wie Politiker oder Hollywoodstars nutzen dieses Medium für sich und gewähren mit ihren Followern mit solchen Bildern vermeintlich authentische Einblicke in ihr Privatleben.

Wer häufig Selfies macht und postet, wird schnell als egozentrisch oder narzisstisch angesehen. Schließlich fokussiert sich der- oder diejenige stark auf sich selbst und scheint sehnsüchtig nach sozialer Anerkennung zu sein. Vor allem Jugendliche stehen häufig in diesem „Verdacht”. Dass dieser krasse Eindruck zumindest in dieser Altersgruppe täuscht, belegt die Shell-Studie zur Wertorientierung von Jugendlichen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass Jugendlichen dieser Generation ihr soziales Umfeld sehr wichtig ist und sich dieses Bedürfnis sogar im Laufe der letzten Jahre verstärkt hat. Einer im Jahr 2013 erstellten Studie über Facebook-Nutzer zufolge, bedingen sich schwache soziale Unterstützung und das häufige Posten von Fotos gegenseitig. Demnach geht es weniger um Selbstvermarktung durch beschönigte Selbstdarstellungen als vielmehr um soziale Anerkennung.