c't 10/2019
S. 62
Hintergrund
Fit mit c't: Smartes Training
Aufmacherbild
Bild: Jan Bintakies

Smartes Training

Fit werden, fit bleiben – mit technischer Unterstützung

Computer, Autos und Fernseher haben einen großen Anteil daran, dass sich der moderne Mensch zu wenig bewegt – und in Folge dessen mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat. Doch Technik in Form von Sportelektronik und Fitness-Apps kann helfen, den Körper wieder in Schwung zu bringen.

Sie haben beschlossen, etwas für Ihre Gesundheit zu tun, sich mehr zu bewegen und vielleicht einige Kilos abzuspecken? Sie haben deshalb im Internet zu dem Thema recherchiert oder mit Bekannten gesprochen, die seit Jahren regelmäßig Sport treiben? Dann stehen die Chancen gut, dass Sie auf zwei völlig gegensätzliche Meinungen zu Fitnesstrackern, Sportuhren und Trainingsfunktionen bei Smartwatches gestoßen sind.

Zu finden sind zum einen Berichte, wonach sich mit diesen Geräten diese Ziele viel leichter erreichen lassen. Zum anderen stößt man aber ebenso auf Kommentare, es brauche diese ganze Sportelektronik nicht – entweder, weil sich die vorgegebenen Ziele sowieso mühelos erreichen ließen oder weil es den für den Privatgebrauch angebotenen Lösungen an Präzision mangele. Doch was stimmt nun?

Tatsächlich gibt es darauf keine einfache Antwort. Zwar lässt sich der Sinn und Zweck, der hinter dem privaten Einsatz von Sportelektronik steckt, in einem Wort zusammenfassen: Motivation. Doch wovon sich Menschen motivieren lassen, ist äußerst individuell – und hängt unter anderem davon ab, an welchem Punkt eine Person startet.

Für Menschen mit starkem Übergewicht und passionierten Couch-Potatoes geht es oft zunächst meist erst einmal darum, einen gesünderen Lebensstil zu etablieren. Das kann damit beginnen, seine Schritte von einem Aktivitätstracker oder seiner Smartwatch zählen zu lassen. Steigt die Zahl der Schritte über die Zeit, bekommt der Nutzer eine positive Rückmeldung – und die ist letztlich davon unabhängig, ob der Tracker mal einen Schritt verpasst oder zu viel berechnet, solange die Abweichungen im Rahmen bleiben.

Apple setzt in seiner Aktivitäten-App ein monatliches Fitnessziel und verteilt bei Erreichen Auszeichnungen.

Wer weniger Startschwierigkeiten hat, erreicht ein Ziel von 10.000 Schritten am Tag eventuell mühelos. Die passende Motivation können hier aber Auszeichnungen fördern, die viele Tracker, Sportuhren und Smartwatches für das Erreichen höher gesteckter Tages-, Wochen- oder Monatsziele vergeben. Anderen ist eher wichtig, dass ihr Wearable sie darauf aufmerksam macht, wenn sie zu lange sitzen (bekanntlich das neue Rauchen), oder anzeigt, was sie zum Erreichen eines bestimmten Ziels noch leisten müssen.

Motivationshilfen

Doch nicht jeder kann solchen Ermahnungen und Aufforderungen etwas Positives abgewinnen. Diese Menschen wollen aber vielleicht ihre sportlichen Leistungen kontinuierlich verbessern und erwarten daher, dass alle Trainingseinheiten samt persönlicher Rekorde möglichst umfassend protokolliert werden. Damit liegen auch die Ansprüche an die Sportelektronik höher.

Für diese Gruppe kann es auch interessant sein, dass sich immer mehr Hersteller von Studiogeräten dem Motivationstrend anschließen, Trainingsdaten erfassen und via Cloud, App und Smartphone zur Verfügung stellen. Selbst studioweite Ranglisten sind heute keine Seltenheit mehr. Apple hat eine Lösung entwickelt, um seine Apple Watch mit Laufbändern, Indoor-Fahrrädern und anderen Studiogeräten verschiedener Hersteller zu koppeln. Wir zeigen im Kasten „Apples GymKit im Einsatz“ auf Seite 65, wie dies in der Praxis abläuft.

Einige Hobbyathleten ziehen ihre Motivation wiederum daraus, ihre sportlichen Leistungen bis an die Grenze zum Profisport zu maximieren und suchen deshalb nach einer möglichst präzisen Trainingsdiagnostik. Brustgurte zur Herzfrequenzmessung liefern passend dazu EKG-genaue Daten, andere Sportelektronik für den Privatgebrauch kann aber nicht immer mit professionellen Gerätschaften und Auswertungen durch Ärzte mithalten.

Aufgrund der sehr unterschiedlichen Ansätze sind wir an den nachfolgenden Test von Fitnessplattformen im Artikel ab Seite 68 einmal aus Richtung der jeweils dahinterstehenden Ansätzen herangegangen. Dabei zeigte sich, dass dies durchaus ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen ansonsten technisch ähnlich ausgestatteten Geräten ist.

Und da es durchaus sein kann, dass sich die persönlichen Ziele und Vorstellungen mit der Zeit ändern, zeigen wir im Artikel auf Seite 78, wie sich die eigenen Daten von einer Plattform zu einer anderen transferieren lassen. Für alle, die sich eher den Kauf einer Smartwatch überlegen, trotzdem aber gerne einigen Fitnessfunktionen hätten, halten wir den Beratungsartikel ab Seite 76 bereit.

Im Idealfall bewahrt Sportelektronik den Nutzer auch vor einer durch Übermotivation ausgelösten Überlastung. Ein Beispiel hierfür ist der Einsatz einer Pulsuhr bei Ausdauersportarten wie Laufen oder Radfahren, die während des Trainings laufend die Herzfrequenz anzeigt. Unabhängig vom jahrelang propagierten „Fettverbrennungsbereich“ und anderen Trainingszonen mit Bezug auf die maximale Herzfrequenz lassen sich diese Werte nutzen, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, in welcher Pulsregion man über eine längere Zeit problemlos trainieren kann. Wer diesen Weg verfolgt, stärkt auf gesunde Weise sein Herz-Kreislauf-System.

Unbestreitbar es gibt auch Menschen, die von Natur aus ein sehr gutes Körpergefühl haben und ihre Leistungsfähigkeit ausgezeichnet einschätzen können. Diese Personen brauchen tatsächlich keinen Herzfrequenzmesser. Richtig ist aber auch, dass immer wieder überengagierte Amateure blind drauflos stürmen, das Training dann schnell als zu hart empfinden, sich völlig k.o. fühlen und sich verletzen statt Erfolgserlebnisse zu haben. Wer nach dem Training immer wieder für Tage völlig platt ist, streicht mit höherer Wahrscheinlichkeit früher oder später die Segel.

Und die Herzfrequenz ist nicht nur während des Trainings aufschlussreich: Wie fit ein Mensch ist, lässt sich recht gut an der Höhe seines Ruhepulses ablesen und daran, wie schnell sich dieser nach Belastungen wieder normalisiert. Solche Tests haben viele Uhren heute integriert – und durch die Veränderung der Werte über die Zeit sieht man bei richtigem Training, wie sich die Fitness verbessert. Positive Rückmeldungen sind wiederum wichtig für die Langzeitmotivation. Daher bieten viele Sportstudios heute ebenfalls regelmäßige Gewichts- und Beweglichkeitskontrollen an. Im Kasten „Ganz vermessen“ auf Seite 67 zeigen wir, wie die Firma „Bodygee“ diesen Trend weiter vorantreiben will.