Brettchen für jeden Zweck
Marktübersicht Tablets mit Android, iPadOS, Windows und Chrome OS
Die Corona-Pandemie hat mehr Leute zur Digitalisierung geschubst: Reichte vorher ein Familien-PC, finden nun Homeoffice und Homeschooling für alle gleichzeitig statt. Die vormals IT-abstinente Verwandtschaft möchte plötzlich videochatten. Einiges davon geht mit dem Smartphone besser, anderes mit dem PC. Doch oft bietet gerade ein Tablet eine passendere Kombination aus großem Display und kleinem Preis.
Es lohnt sich, erneut darüber nachzudenken, was Tablets können und was nicht, denn sie haben in den vorigen Monaten einige überraschende Entwicklungen durchgemacht. Beispielsweise wird Chrome OS als Betriebssystem speziell für Tablets spannend. Apples iPads eignen sich dank neuer Mausunterstützung und einer neuen Tastatur besser als PC-Ersatz. Windows-Tablets werden kleiner und mächtiger. Lediglich bei Android tut sich wenig – die neuen Tablets von Huawei verlieren sogar an Nützlichkeit, weil der Google Play Store fehlt.
Tablets gibt es von unter 100 bis weit über 1000 Euro – kein Wunder, dass sie höchst Unterschiedliches leisten. Dieser Artikel verschafft einen Überblick der zu erwartenden Features über alle Systeme hinweg. Der folgende Artikel ab Seite 62 untersucht, wie sich die Betriebssysteme – Android, Chrome OS, Windows und iOS, jetzt in iPadOS umgetauft – für den Desktop-Einsatz eignen, wie gut also das Tablet ein Notebook ersetzt. Der Artikel ab Seite 66 testet 500-Euro-Tablets mit Stift und Tastatur.
Betriebssystem und Hardware
Zu den Unterschieden der Tablet-Betriebssysteme ließen sich ganze Bücher schreiben. In Kurzform: Die meisten und besten auf Tablets angepassten Apps gibt es für iPadOS. Android bietet zwar mindestens genauso viele Apps, aber viele verhalten sich wie vergrößerte Smartphone-Anwendungen. Chrome OS führt inzwischen fast alle Android-Apps aus, bietet gute Desktop-Funktionen und hat einen schnelleren Browser als Android; eigene Chrome-OS-Apps gibt es hingegen kaum. Windows hält im Tablet-Modus weder bei der App-Auswahl noch der Bedienbarkeit recht mit, spielt seine Stärken aber im Desktop-Modus, also mit Tastatur, Touchpad und vielleicht Maus und Display aus – und es funktionieren halt alle Windows-Anwendungen, auch wenn viele im Tablet-Modus nur mäßig bedienbar sind. Achtung, auf den Windows-Geräten mit ARM-Prozessor läuft dann doch wieder nicht jede Software.
Die meisten Tablets haben Displays um 10 Zoll (25 Zentimeter) Diagonale. Größere Tablets sind schnell so unhandlich und schwer wie Notebooks, außer dem iPad Pro 12 Zoll und erfolglosen https://xp.heise.de/xpublisher Android-Experimenten gibts da nichts. Kleinere stehen in Konkurrenz zum E-Book-Reader, zudem wurden die anfangs beliebten 7-Zöller von den wachsenden Smartphones weitgehend verdrängt.
Ab etwa 200 dpi Pixeldichte nimmt man aus typischer Entfernung keine einzelnen Punkte mehr wahr, was bei 10 Zoll eine Auflösung von 1920 × 1080 oder mehr bedeutet. Darunter wird vor allem Schrift pixelig; für Filme, Videochats und Spiele mögen auch 1280 × 800 reichen. OLED-Displays zeigen kräftigere Farben und erreichen höhere Helligkeiten – wobei echtes farbverbindliches Arbeiten nur mit den iPads geht. Aber auch die IPS-Panels der meisten anderen Tablets bieten schöne Farben und ausreichende Blickwinkel.
Die Prozessorausstattung spielt für die meisten Tablet-Anwendungen keine Rolle. Der Hauptspeicher sollte mindestens drei GByte groß sein, unter Windows mindestens vier. Der benötigte Flash-Speicher hängt davon ab, wie viel man in die Cloud auslagert und was lokal gespeichert sein soll. Platzfresser sind beispielsweise Videos, Filme, Spiele und große Fotosammlungen. Unter 64 GByte muss man hier genauer planen, ab 256 GByte lebt es sich sorglos. Einigen Tablets kann man Speicher per MicroSD-Karte nachstecken; der ist für aufgenommene Fotos und Videos zugänglich, aber lange nicht jede App kann ihre Daten dorthin auslagern.
Wichtig ist die Entscheidung, ob man Mobilfunk benötigt oder nicht: Gibts am geplanten Einsatzort – Schule, Uni, Büro, für Pendler auch Bus oder Bahn – durchgehend WLAN? Anders herum, ist einem die Erreichbarkeit einen monatlichen Obolus für einen Datenvertrag oder eine Prepaid-SIM wert? LTE wäre dann die Technik der Wahl, 5G-Tablets gibt es noch nicht. Das Tethering per Smartphone geht notfalls, ist für einen regelmäßigen Einsatz aber ganz schön umständlich.
Zubehör
Jedes aktuelle Tablet lässt sich mit Bluetooth-Tastaturen verbinden. Da gibt es reichlich Auswahl beispielsweise mit Umschalter für mehrere Bluetooth-Geräte oder mit Aufstellmöglichkeit fürs Tablet. Die Tablet-Hersteller bieten für einige ihrer Modelle Tastaturen an, die mechanisch und optisch besser passen sowie meist weniger wiegen und ihre Akkus direkt aus dem Tablet laden.
Für Cover gilt noch viel mehr: Wer eine perfekt passende, magnetisch haltende oder als Aufsteller taugliche Hülle haben möchte, ist auf die des Herstellers oder auf eine sorgfältige Recherche im Zubehörmarkt angewiesen.
Die meisten Tablets erkennen eingesteckte USB-Sticks oder anderen Speicher, man benötigt dazu aber den passenden Adapter auf MicroUSB, USB-C oder Lightning – oder einen Stick mit passendem Anschluss. Wie gewohnt funktioniert das aber nur unter Windows – unter Android, Chrome OS und iPadOS sind einige Aufgaben komplizierter oder gar nicht lösbar.
Ein Monitor, Beamer oder Hotel-TV lässt sich an praktisch alle Windows- und Chrome-OS-Tablets direkt oder per HDMI-Adapter anschließen, auch für die iPads gibt es Adapter. Der USB-C der Android-Tablets kann zwar auch Displaysignale tragen, doch das implementieren nur die teureren Tablets.
Fazit
Smartphone, Tablet, Notebook, stationärer PC – die Wahl des richtigen Arbeitsgeräts oder der richtigen Kombination wird durch die neuen Anforderungen der Hau-Ruck-Digitalisierung nicht einfacher. Die wichtigste Frage zum Tablet ist vielleicht, was es alles leisten muss und wofür man dann doch PC oder Notebook anwirft – falls vorhanden.
Weil die technische Entwicklung nicht so schnell wie bei Smartphones geht, lässt sich mit vielen Vor- oder Vorvorjahresgeräten ein gutes Schnäppchen machen. Auch die von einigen Händlern angebotenen überarbeiteten Gebrauchtgeräte (refurbished) sind einen Blick wert. Aber eine Warnung: Wenn ein Angebot zu gut ist, um wahr zu sein – dann ist es vermutlich auch nicht wahr. Wir hören von betrügerischen Noname-Tablets, die nicht nur weniger RAM, Flash oder CPU-Power haben als im Datenblatt angegeben, sondern die per Firmware-Manipulation eine falsche Ausstattung melden und somit sogar einige Diagnose-Apps foppen. Wer so einen Schrott außerhalb der EU kauft, hat dann kaum eine Chance, sein Geld wiederzusehen.
Je mehr ein Tablet kann, desto teurer und schwerer wird es. Richtig ausgewählt eröffnet es neue Möglichkeiten, sei es als verhältnismäßig einfacher Einstieg für IT-Fremdelnde, als leistungsstarke Ergänzung zum PC oder als unkompliziertes Zweitgerät – vielleicht explizit ohne Mail, Twitter, Chat, sondern nur mit ein paar Spielen, Streaming- oder Magazin-Apps bestückt. (jow@ct.de)