c't 15/2021
S. 48
Aktuell
Apple

Auf den Hinterbeinen

EU, Bundeskartellamt und CMA nehmen Apple ins Visier

Apple, aber auch Google bläst der Wind immer stärker ins Gesicht. Wettbewerbshüter könnten den zentralistischen Software-Läden für Smartphones ein Ende bereiten.

Von Dušan Živadinović

Nach diversen Verfahren weltweit sehen mit der EU-Wettbewerbskommission, dem Bundeskartellamt und der britischen CMA gleich drei Behörden neuen Anlass für Wettbewerbsprüfungen gegen Apple und Google. Am deutlichsten bezieht EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager Stellung gegen Apples Vertriebsmodell für iPhone- und iPad-Software: „Gefallen einem Preise und Auswahl in einem Supermarkt nicht, geht man einfach in den nächsten Laden.“ Bei App Stores habe man jedoch für eine „wirklich, wirklich lange Zeit“ akzeptiert, dass das nicht möglich ist.

Vestager wertet Apples Verweise auf Sicherheit und Datenschutz zur Rechtfertigung des zentralen, geprüften App-Vertriebs zwar als „wichtiges Argument“, doch auch andere Anbieter von App-Läden würden auf Sicherheit achten. Als Plattformbetreiber sei Apple automatisch in einer dominanten Position und vertreibe zudem seine eigenen Apps und Dienste, die anderen Anbietern teils direkte Konkurrenz machen. Doch weder Sicherheit noch der App-Prüfprozess dürfen es den Konkurrenten schwerer machen.

Ein „zweiter App Store“ sei noch Zukunftsmusik, schränkte Vestager ein. Zuerst geht es darum, die bereits von der EU-Kommission im Fall Spotify und Musik-Streaming beanstandeten App-Store-Regeln zu klären. Nach Ansicht der Kommission verzerrt Apple im Musik-Streaming-Markt den Wettbewerb mit drei Regeln: dem Zwang zur Verwendung der eigenen Kaufschnittstelle, der daran gebundenen Provisionspflicht (siehe c’t 12/21, S. 32) und dem Verbot, auf externe Abonnementoptionen zu verweisen. Die Wettbewerbskommissarin will auch andere App-Kategorien im App Store unter die Lupe nehmen.

Apple habe das „De-facto-Monopol“ auf den App-Vertrieb für iPhones und iPads. „Wer in einer solchen Position ist, muss alternative App-Läden zulassen.“ Ein entsprechender Gesetzgebungsvorschlag liege bereits beim Europäischen Parlament.

Überragende Bedeutung

Das für Deutschland zuständige Bundeskartellamt will seine neuen Möglichkeiten im Rahmen des reformierten Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nutzen, um die großen Digitalplattformen zu untersuchen. Google, Amazon und Facebook stehen bereits unter verschärfter Beobachtung.

„Wir werden jetzt prüfen, ob Apple rund um das iPhone mit dem proprietären Betriebssystem iOS ein digitales Ökosystem über mehrere Märkte errichtet hat“, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Bei der Untersuchung geht es zunächst darum, ob Apple eine „marktübergreifende Bedeutung“ hat. Der Konzern verneint das gerne mit dem Verweis auf den deutlich kleineren Marktanteil des iOS-Betriebssystems gegenüber Googles Android.

Mit der im Januar abgeschlossenen 10. Novelle des GWB dürfen die bundesdeutschen Kartellwächter einfacher gegen Digitalplattformen vorgehen. Sie müssen dazu belegen, dass ein Unternehmen eine „überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb“ innehat. Bei Apple steht der App Store im Zentrum des Interesses. Apple erklärte, sich darauf zu freuen, den eigenen Ansatz mit dem Bundeskartellamt zu diskutieren und einen offenen Dialog über alle Bedenken zu führen.

Effektiv ein Duopol

Die britische Wettbewerbsbehörde Competition und Markets Authority (CMA) hat sich entschlossen, ihre laufenden Untersuchungen gegen Apple und Google erheblich auszuweiten. Da die beiden Konzerne „effektiv ein Duopol“ bei Mobilgeräten innehaben und die „Hauptzugangspunkte kontrollieren“, wolle sie nun umfassend prüfen, ob dadurch der Wettbewerb beeinträchtigt und Innovation verhindert wird.

Die CMA sei bei laufenden Untersuchungen auf „besorgniserregende Trends“ gestoßen, die etwa zu höheren Preisen für Endkunden führen und anderen Firmen Probleme bereiten könnten, die Kunden auf Smartphones erreichen wollen.

Es gibt zwar ein großes Angebot an Smartphone-Apps, aber nur wenige App Stores. Nun geht eine britische Behörde der Frage nach, ob Apple und Google den Wettbewerb mit ihren Richtlinien behindern.
Bild: Apple

Apple und Google haben die Kontrolle über ihre mobilen Plattformen und dafür zugeschnittene Wertschöpfungsketten, erläutern die Regulierer. Die Unternehmen stellen die Betriebssysteme (iOS und Android), die App-Läden (App Store und Google Play) und auch die Browser her (Safari und Chrome). Um auf Apps, Inhalte und Produkte von Streaming über Fitness-Tracking, Shopping bis hin zu Banking zugreifen zu können, müssten Nutzer „durch die Gateways“ der beiden IT-Konzerne. Untersuchen wollen die Wettbewerbshüter auch angrenzende Märkte, etwa Smartwatches oder die Heimautomatisierung, da diese ebenfalls vom Smartphone aus gesteuert werden. (dz@ct.de)

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