c't Jahresrückblick 2022
S. 136
Markt & Trends
Künstliche Intelligenz
Bild: Albert Hulm

Happy Birthday, KI!

Künstliche Intelligenz: Vom Katzendetektor zum Maler, Texter und Gesprächspartner

Dieses Jahr feiert die moderne Künstliche Intelligenz ihr 10-jähriges Jubiläum und legt pünktlich zum runden Geburtstag einen fast pubertären Entwicklungsschub hin: Sie textet wie ein Mensch, malt wie ein Mensch und sinniert über die eigene Existenz. Ist das noch Statistik oder schon mehr?

Von Andrea Trinkwalder

Die Geburt des kleinen AlexNet im Jahr 2012 war eine Sensation. Alle Welt jubelte, als es beim Betrachten von Fotos die richtigen Begriffe („Katze“, „Hund“ …) in die Runde warf. Selbst Suchmaschinen-Gigant Google war so begeistert, dass er das Baby mitsamt seiner Schöpfer gleich adoptierte. Im Kleinkindalter, in Gestalt von Sprachassistenten wie Alexa und Siri, formulierte das künstlich intelligente Wesen bereits kurze Antwortsätze und entzückte sein Umfeld mit unfreiwillig komischen Reaktionen auf simple Anweisungen – was die Eltern meist mit einer Mischung aus Stolz und Belustigung goutierten.

Das wohlwollende Lächeln begann zu gefrieren, als der Weltranglistenerste im Strategiespiel Go verlor (AlphaGo, DeepMind 2017) und fünf hochkarätige Profis beim Pokern (Pluribus, Facebook 2019). Erste Unterlegenheitsgefühle stellten sich ein. Und heute, anno 2022, pünktlich zum runden Geburtstag, lässt der Halbwüchsige gnadenlos seine Genialität raushängen: Er diskutiert die Eltern in Grund und Boden, parliert elegant in fast allen Sprachen dieser Welt, malt schnell mal einen Van Gogh oder Kandinsky und vollendet dazwischen Beethovens Unvollendete. Mit Fakten geht er mitunter noch recht kreativ um, aber ist das nicht eine zutiefst menschliche Eigenschaft?

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