c't Jahresrückblick 2022
S. 50
Hardware
Saugroboter

Reinliche Reiniger

Staubsaugerroboter lernen immer wieder neue Tricks

Teures Nerdspielzeug oder ein sinnvolles Haushaltsgerät? Bei Staubsaugerrobotern gehen die Meinungen weit auseinander. Wir erklären, welche Vorurteile nicht mehr stimmen und was man von den Geräten jetzt und künftig erwarten darf.

Von Stefan Porteck

Saugroboter gewannen nur langsam an Popularität und zunächst in Nerdkreisen. Während der Begriff Roomba in der c’t-Redaktion einigermaßen geläufig war, dauerte es noch etliche Jahre, bis die Kehrgehilfen in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wurden. Der lange Weg zum Massenprodukt war auch den Vorurteilen gegen die neue Technik geschuldet: viel zu teuer, machen sowieso nicht richtig sauber und zerkratzen den Fußboden und die Möbel.

Mit Lasersensoren navigieren Saugbots sehr genau und zielsicher durch die Wohnung. Manche Modelle nutzen zusätzlich Frontkameras und Objekterkennung mittels KI.
Mit Lasersensoren navigieren Saugbots sehr genau und zielsicher durch die Wohnung. Manche Modelle nutzen zusätzlich Frontkameras und Objekterkennung mittels KI.

Auf manche Saugbots trafen die Vorurteile durchaus zu: Die ersten Generationen hatten winzige Staubbehälter, eine vergleichsweise geringe Saugleistung und von einer gezielten Reinigung konnte kaum die Rede sein. Gemessen an aktuellen Geräten waren die Bots so doof, dass man ihnen ungern zuschauen wollte: Die Navigation bestand darin, dass die Bots wie beim Blinde-Kuh-Spielen durch die Räume fuhren, bis sie irgendwann eine Wand oder ein Möbelstück rammten. Dann drehten sie ab und fuhren in eine andere Richtung, bis sie dort wieder irgendwann anschlugen.

Nächstes Ärgernis: Dadurch dass die Bots kreuz und quer durch jeden Raum fuhren, brauchten sie etwa drei- oder viermal so lang, bis jede Stelle mindestens einmal überfahren wurde und der Raum somit vollständig gesaugt war. Interessanterweise konnten die alten Modelle die Raumgröße anhand der längsten zurückgelegten Strecke und damit die benötigte Reinigungszeit dennoch recht präzise ausrechnen.

Darüber hinaus gestaltete es sich schwierig, die damaligen Bots gezielt an einen Ort zu bewegen – um etwa die Krümel unterm Küchentisch zu saugen – und sie andererseits von bestimmten Orten fernzuhalten – etwa vom Trinknapf des Hundes. Ersteres gelang nur manuell, also durch klassisches Hinschleppen des Bots an die gewünschte Stelle und dort die Taste für die Spotreinigung zu drücken. Letzteres klappte bei manchen Modellen und Herstellern entweder mithilfe von Magnetbändern, die man aufs Laminat und unter Läufer klebte, oder mit kleinen Türmchen, die man auf den Boden stellte und die mit einer Lichtschranke den Bot auf Abstand hielten.

Rotierendes Auge

Den wahrscheinlich bislang größten Innovationsschub brachte die Laser-Distanz-Messung (Lidar) den Saugbots. Fast alle modernen Kehrgehilfen haben auf ihrer Oberseite kleine Türmchen, in denen die Lasereinheit während der Fahrt ununterbrochen rotiert. Aus der Reflexion des Laserlichts sind die Bots in der Lage, die Geometrie des Raumes zu erfassen und Abstände zu Wänden und größeren Hindernissen zu bestimmen.

Damit orientieren sich die Bots so, dass sie den gesamten Grundriss der Etage oder der Wohnung erkennen und intern abspeichern. Der Bot protokolliert, welche Bereiche bereits gesaugt wurden und welche demnach noch fehlen. Damit kann er viel geplanter an die Reinigung herangehen: Bots mit Orientierung fahren jeden einzelnen Raum gezielt an, durchfahren ihn in parallelen Bahnen und bewegen sich dann genauso gezielt in den nächsten Raum. Der Vorteil: Das Reinemachen geht bedeutend schneller und gründlicher, weil die Fahrwege nicht mehr dem Zufall unterliegen.

Statt den Grundriss nur intern im Roboter zu speichern, geben ihn moderne Bots an die zugehörige App weiter. Auf dem Smartphone sehen Nutzer den Grundriss und können einzelne Räume benennen und Raumgrenzen verschieben, falls der Bot bei der Erkennung ein wenig geschludert hat.

Vor allem kann man Zonen einzeichnen. Möchte man beispielsweise nicht, dass der Bot wegen der Kabel unter den Schreibtisch fährt, kein Problem: Mit wenigen Fingertipps wird der Bereich markiert und als Sperrzone definiert. Fortan kann der Bot unbeaufsichtigt fahren, ohne Schaden anzurichten oder zu stranden.

Praktisch zudem, dass das auch umgekehrt funktioniert: Ist im Flur Dreck aus den Schuhsohlen gerieselt oder unter dem Küchentisch liegen Krümel, dann braucht man lediglich in der App im Grundriss ein Quadrat einzuzeichnen und der Bot fährt ohne Umwege dorthin und saugt den Dreck im gewünschten Bereich auf. Alternativ saugen die Bots auch nur einzelne Räume oder überspringen bei der Komplettreinigung wahlweise welche.

Lidar hilft zwar bei Orientierung und Navigation, eignet sich aber nicht sonderlich gut dafür, kleine Hindernisse zu erkennen.

An die meisten Modelle passen Wischmopps. Während des Saugens wird gleichzeitig gewischt.
An die meisten Modelle passen Wischmopps. Während des Saugens wird gleichzeitig gewischt.

Grundsätzlich sollten vor jeder Reinigungsfahrt kleine und lose Gegenstände vom Boden aufgehoben werden. Eltern und Haustierbesitzer haben jedoch das Problem, dass die Kinder oder die Vierbeiner den Boden bereits wieder in Beschlag nehmen, während der Bot noch unterwegs ist. Das mag harmlos sein, wenn beim Saugen Legosteine oder Socken herumliegen. Meist werden sie nur umhergeschoben.

Anders sieht es aber aus, wenn einem Haustier ein Missgeschick passiert: Die Lidarsensoren erkennen keinen Haustierkot und erst recht keine Pfützen. Sollte der Bot dort hineinfahren, wird es schnell sehr unappetitlich und oft auch kostspielig, weil man die Sauger kaum wieder sauber bekommt und sie den Unrat dummerweise auch noch großflächig auf dem Boden verteilen.

Ein Trend ist es, diesem Problem mit künstlicher Intelligenz zu begegnen. Manche Modelle haben Kameras an Bord und filmen während der Reinigung die Wegstrecke. Dabei läuft in Echtzeit eine Bildanalyse, die solche Hindernisse erkennen soll. In unseren bisherigen Tests klappte das meist gut. Schaut man sich die großen Fortschritte an, die die Bildanalyse mittels KI jedes Jahr macht, darf man erwarten, dass künftige Bots irgendwann vollständig autark durch die Wohnung fahren und an keinem Hindernis mehr scheitern oder Schaden anrichten.

Einen ersten Vorgeschmack auf die Leistungsfähigkeit einer ausschließlichen optischen Analyse gibt es unter anderem bei den Bots von iRobot und Yeedi. Sie nutzen für die Navigation und Orientierung ausschließlich Kameras und sparen sich so den Lidarsensor. Das macht die Bots günstiger in der Anschaffung und wohl auch etwas haltbarer, da die Lasereinheit durch die permanente Rotation einem gewissen Verschleiß unterliegt. Mittelfristig dürfte es also eine größere Auswahl an Modellen ohne Lidar geben.

Die Kehrseite: Optische Orientierung funktioniert nur bei guten Lichtverhältnissen zuverlässig. Sofern der Bot keine IR-Leuchtdioden als „Scheinwerfer“ eingebaut hat, kann man ihn im Winter nur bei eingeschaltetem Licht reinigen lassen. Zudem muss man dem Hersteller vertrauen, dass das Bildmaterial sicher auf dem Bot verbleibt und einen Blick in die Datenschutzerklärung werfen, ob oder welche Ausnahmen gelten, wenn man etwa die Fernsteuerung über die Cloud nutzt oder dem Senden von Diagnosedaten zur Produktverbesserung zustimmt.

Mehr Sauberkeit

Die geringere Saugleistung der Saugbots lässt sich nicht wegdiskutieren. Da sie von Akkus gespeist werden, können sie anders als Bodenstaubsauger nicht mit 1000-Watt-Saugeinheiten auftrumpfen. Bei normalem Verschmutzungsgrad kompensieren sie das größtenteils dadurch, dass sie einfach täglich fahren und sich so erst gar nicht viel Schmutz ansammelt. Doch das Problem dabei: Die Staubbehälter der Bots sind mit einem Volumen von 300 bis 600 Milliliter vergleichsweise winzig. In großen Wohnungen und bei Haustierhaltern müssen die Behälter häufiger in den Mülleimer ausgeleert und ihr Filter ausgeklopft werden.

Abhilfe schaffen Basisstationen, die die Bots nicht nur aufladen, sondern deren Staubbehälter automatisch entleeren. Eines der ersten Modelle mit Selbstreinigung war der S7+ von Roborock. In seiner Ladestation steckt ein Sauggebläse, das den Dreck nach jeder Reinigungsfahrt aus dem Bot saugt und in einen herkömmlichen Müllbeutel befördert. Andere Hersteller sind mittlerweile auf den Zug aufgesprungen.

Basisstationen mit Absaugfunktion holen den Dreck aus dem Bot und befördern ihn in einen Müllbeutel.
Basisstationen mit Absaugfunktion holen den Dreck aus dem Bot und befördern ihn in einen Müllbeutel.

Doch auch bei täglichem Saugen wünscht man sich auf Laminat oder Fliesen den letzten Feinschliff und das fehlende bisschen Reinheit. Den Wunsch erfüllen mittlerweile Saugbots, die zusätzlich wischen. In der ersten Generation war die Technik dahinter noch simpel. Aus einem in die Bots eingeklipsten Wassertank tröpfelte Wasser auf ein Wischtuch, das mit einer Halterung unter dem Bot montiert wurde.

Diese passiven Bots nahmen zumindest auf Hartböden den verbliebenen Staub auf und entfernten mit Glück auch kleine Soßenflecken. Richtig gründlich ist passives Wischen aber nicht und bringt auch neue Probleme mit, denn mit angebrachtem Wischtuch sollten die Bots besser keine Teppiche befahren.

In die Wischfunktion steckten die Hersteller einiges an Gehirnschmalz: Bessere Modelle wischen heutzutage gründlicher, weil die Wischtücher an Grundplatten angebracht werden, die einen Vibrationsmotor besitzen. Er versetzt den Wischmopp in hochfrequente Schwingungen, was in vielen Fällen auch für hartnäckigere Flecken ausreicht. Zudem wird das Wasser mittlerweile in die Mopps gepumpt. Bessere Bots erlauben es dabei, die Durchflussmenge anzupassen – oft auch je nach Raum. So wird dann auf Parkett mit wenig und im Bad mit mehr Wasser gereinigt.

Auch um Teppiche braucht man sich im Wischmodul nicht mehr zu sorgen: Die in diesem Artikel erwähnten Modelle von Roborock erkennen Teppiche automatisch und heben beim Überfahren die Grundplatte, die den Mopp trägt, um wenige Zentimeter an, sodass auf Stoff nur gesaugt wird. Bei anderen Modellen lassen sich in der App die Bereiche der Räume mit Teppichen markieren, im Wischmodus meiden die Bots diese.

Nach dem Prinzip funktioniert auch der Deebot X1 Omni von Ecovacs. Er hat zudem eine bislang einzigartige Neuerung: Der X1 Omni nimmt zwei runde Wischtücher auf, die gegenläufig rotieren. Der längere und intensivere Bodenkontakt verbessert die Reinigungsleistung.

Groß geworden

Mit Basisstationen, die den Staub ansaugen, war bereits der erste Schritt getan, die Bots autarker zu machen, damit Besitzer ihnen deutlich weniger Aufmerksamkeit schenken müssen. Dieses Jahr sind Ecovacs und Roborock den nächsten Schritt gegangen: Die aktuellen Topmodelle haben mittlerweile Ladestationen, die nicht nur den Staubbehälter leeren, sondern sich auch um die Wischfunktion kümmern.

Sie fassen neben dem Staubbeutel zwei Wassertanks: einen für Frischwasser und einen für Abwasser. Damit füllen sie nach jedem Wischen automatisch den Wassertank der Bots wieder auf. Doch der eigentliche Clou: Sobald die Bots nach der Reinigung zur Station zurückkehren, spülen und schrubben die Stationen die Wischmopps wieder sauber und pumpen das Abwasser in den dafür vorgesehenen Tank. Entsprechend riesig sind die Basisstationen, die bis zum Knie ragen und auch knapp einen halben Meter Platz in der Breite verlangen. Vorbei also die Zeiten, in denen der Saugbot unsichtbar unter einer Kommode wohnen konnte.

In der Theorie klingt das ganz gut: Der Tank bleibt dauerhaft am Bot montiert oder ist sogar gleich fest in diesen integriert und auch das Wischtuch verbleibt auf Wunsch dauerhaft am Sauger – man muss also nicht vor und nach jedem Wischen mit diesen Utensilien herumhantieren und die Finger bleiben sauber und trocken. Auch das Ergebnis konnte sich in unseren Tests sehen lassen. Die Reinigung beim Wischen ist angemessen, wenn man den Robotern zugesteht, dass sie mangels Gewicht und damit fehlendem Anpressdruck eben nur leicht drüberwischen und nicht doll schrubben. Die Selbstreinigung überzeugte in unseren Tests ebenfalls, denn das Wischtuch war anschließend so sauber, dass beim Ausspülen unter klarem Wasser kein Dreck mehr herauskam.

Es bleiben aber zwei Probleme, von denen sich einem schon angenommen wurde: Sofern der Wischmopp dauerhaft am Bot verbleibt, beschädigt dessen Feuchtigkeit zwar nicht den Fußboden, da die Bots auf einer Rampe stehen. Doch langsames Trocknen an der Luft lässt das Wischtuch stockig werden und macht es so zum idealen Keimboden für Bakterien, wie wir feststellen mussten. Deshalb gibt es beim neuen Modell wie auch beim X1 von Ecovacs ein Gebläse, das den Mopp wie ein Föhn oder ein Heizlüfter trocknet. Damit das möglichst keinen Lärm macht, läuft das Gebläse sehr langsam und benötigt daher eine knappe Stunde.

So wäre es theoretisch möglich, dass der Bot ohne einen einzigen Handgriff ein oder zwei Wochen lang völlig autonom die Wohnung saugt und wischt. In unserem Langzeittest zeigte sich aber ein anderes Bild: Das Abwasser sollte unbedingt nach spätestens drei Tagen geleert und der Tank ausgespült werden, denn andernfalls fängt das Wasser an, faulig zu riechen. Bei dem Versuch, das Problem auszusitzen, wurden wir im Sommer schließlich von einem Schimmelteppich im Abwassertank begrüßt. Eine sinnvolle Evolution wäre es deshalb möglicherweise, nicht nur den Wischmopp warm zu trocknen, sondern währenddessen auch das Abwasser zu erhitzen, um Keime und Bakterien zu töten. Dafür müssten die Basisstationen jedoch kindersicherer konstruiert werden, damit sich niemand verbrüht. Vielleicht reichen auch schon ein paar Sensoren, die per App mitteilen, wenn sie seltsame Messwerte beim Lappen oder im Abwassertank ermitteln.

Fazit

Saugbots haben in den vergangenen zehn Jahren eine beachtliche Entwicklung vollzogen. Mittlerweile reinigen sie auf Hartböden ziemlich gut und schaffen auch auf Teppichen ordentliche Ergebnisse. Was liegen bleibt, wird halt beim nächsten Mal gereinigt, da man sie zeitgesteuert und ohne Mehrarbeit täglich fahren lassen kann.

Die Tatsache, dass Saubermachen ein schmutziges Geschäft ist, ändern sie aber nicht. Sie holen den Dreck zwar vom Boden, können ihn aber nicht wegzaubern. Der Zukunftstrend, auch die Wischfunktion zu automatisieren und den Bots anschließend eine Nassreinigung zu spendieren, ist ein sinnvoller Ansatz. Derzeit geht das Versprechen der Hersteller aber noch nicht ganz auf, weil zumindest das Abwasser mehrmals die Woche von Hand entsorgt werden muss.

Die Stationen mit Absaugfunktion sind dagegen ein sehr lohnendes Extra: Statt alle zwei Tage die Staubbehälter zu leeren, braucht man nur rund alle acht Wochen den Staubbeutel zu wechseln und befreit dann auch gleich die Bürsten des Bots von Haaren. Solche Modelle in der mittleren Preisklasse nehmen viel Arbeit ab, ohne wiederum selbst übermäßige Arbeit einzufordern. (spo@ct.de)

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