iX 8/2020
S. 43
Markt + Trends
Retrospektive

Vor 10 Jahren: Professionell mobil mit sieben Systemen

Noch vor zehn Jahren wäre eine Corona-App für alle mobilen Betriebssysteme undenkbar gewesen.

Seit drei Wochen läuft die offizielle Corona-Warn-App des Robert-Koch-Instituts auf meinem Smartphone. Noch viel länger wird über diese App diskutiert, die SAP und die Telekom zusammen mit 25 weiteren Firmen entwickelt haben. Sie nutzen dabei Schnittstellen, die Apple für iOS und Google für Android eigens bereitgestellt haben. Diskutiert wurde und wird der Datenschutz, das Problem der Freiwilligkeit beim Nutzen der App und die Frage, was Nutzer älterer Geräte machen sollen, die nicht über Bluetooth Low Energy verfügen. Also so ziemlich über alles, was die App leisten soll und gar nicht leisten kann. Mitten in der stark ansteigenden Nutzung der Warn-App forderte Anfang Juli ein Kommentar der linksalternativen taz „Updates für alle“. Technikredakteurin Svenja Bergt ärgerte sich darin über die Branche und entrüstete sich: „Warum ist überhaupt noch ein relevantes Maß an veralteten Betriebssystemen im Einsatz?“

Schauen wir darum 10 Jahre zurück, zum Titelthema „Professionell mobil“ in iX 8/2010. Damals wurden Mobiltelefone für den professionellen Einsatz in Unternehmen getestet. Ins­gesamt sieben Betriebssysteme waren im Einsatz, zum Teil auch noch in verschiedenen Versionen. Neben iOS und Android waren das BlackBerry OS, Palms webOS, Windows Mobile sowie die beiden Nokia-­Betriebssysteme Symbian und Maemo, installiert auf verschiedenen Geräten, die allesamt für den professionellen Einsatz in Unternehmen geeignet waren.

Sieht man von der Tatsache ab, dass es vor 10 Jahren noch kein Bluetooth Low Energy mitsamt der Beacon-Funktion zum Orten anderer Geräte gab, wird allein bei der Zahl der Systeme deutlich, vor welchen Schwierigkeiten der Bau einer Corona-­Warn-App noch vor zehn Jahren gestanden hätte. In der LÜKEX-­Übung, die 2007 eine Pandemie in Deutschland durchspielte und vor zehn Jahren an die ­Öffentlichkeit gelangte, spielten Mobilgeräte keine Rolle. Sie nannte übrigens als entscheidende Schwachstelle das Fehlen einer prognostischen Lage­beurteilung und vorausschau­ender Entscheidungen durch die Krisenstäbe.

„Professionell mobil“ arbeitet man heute in Unternehmen mit nur noch zwei Betriebssystemen und einer Vielzahl von Smartphones und Tablets. Allerdings nicht mit der Corona-­Warn-­App, deren Nutzung ja freiwillig ist und dem Datenschutz unterliegt. Unternehmen müssen jedoch die Kontakte ihrer Mitarbeiter im Infektionsfall nachvollziehen können und nutzen dafür meistens Kontakt-­Tracer am Firmenausweis oder als Armband. Es werden auch Video-Überwachungslösungen für Unternehmen angeboten, die Alarm schlagen, wenn der ­Mindestabstand von den Mit­ar­beitern nicht eingehalten wird oder jemand keine Maske trägt, wo dies vorgeschrieben ist. Das wäre dann freilich ein Orwell’sches Update für alle. (odi@ix.de)

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