iX 7/2024
S. 43
Markt + Trends
Retrospektive

Vor 10 Jahren: Nur Slogans, kein Sinneswandel

Ein Jahr nach den Veröffentlichungen von Edward Snowden zog iX Bilanz: Im Grunde hatte sich nichts getan. Die Überwachung durch Behörden und Geheimdienste begleitet die Menschen aber weiter – aktuell will die EU die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung mit Client-Side-Scanning aushebeln.

Ein Jahr nachdem Edward Snowden die Überwachungspraktiken der USA ans Licht gebracht hatte, zog Chefredakteur Jürgen Seeger in der iX 7/2014 eine ausgesprochen nüchterne Bilanz: Die US-amerikanische NSA und der britische GCHQ würden Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht mehr abhören – vielleicht aber doch. Das mit großem Aplomb von der Regierung verkündete No-Spy-Abkommen kam nicht zustande. Von den „Maßnahmen zur Rückgewinnung der technologischen Souveränität“, die die schwarz-rote Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag als Reaktion auf die Enthüllungen von Edward Snowden aufgenommen hatte, wurde praktisch nichts umgesetzt.

Selbst das technisch umstrittene, doch relativ einfach umsetzbare Schengen-Routing, bei dem der Traffic zwischen zwei Punkten innerhalb der EU den Schengenraum nicht verlassen soll, wurde nicht implementiert, weil die Telekom ihren Datenverkehr nicht über den deutschen Internetknoten DE-CIX leitete. Die umstrittenen Pläne zu einer Vorratsdatenspeicherung wurden von Schwarz-Rot weiterverfolgt, obwohl der Europäische Gerichtshof sie für inkompatibel mit dem europäischen Recht erklärt hatte. „Die deutschen Bürger sind misstrauischer geworden. Ein paar mehr als in der Vor-Snowden-Ära verschlüsseln ihre Mails, manche sind von WhatsApp auf Threema umgestiegen“, bilanzierte Seeger, nur um auch das zu relativieren: „Aber eigentlich mehr wegen Facebook, nicht wegen der NSA.“

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