Mac & i 5/2017
S. 3
Editorial
Ben Schwan

Löchrig wie ein Sieb

Apple betont ständig, wie wichtig Geheimhaltung im Unternehmen ist. Der Konzern will Nutzer und Journalisten mit neuen Produkten endlich wieder richtig überraschen – doch auch bei der diesjährigen Präsentation von iPhone X & Co. (ab Seite 16) war quasi alles schon vorab bekannt. Was müssen sich Tim Cook und sein Team geärgert haben!

Schuld waren dieses Mal keine schlecht bezahlten Mitarbeiter bei chinesischen Produktionspartnern, die gegen Bares aus der Zubehörindustrie alle Details vorab verrieten, sondern Apple selbst. Mitarbeiter stellten zwei wichtige Firmware-Downloads vorab ins Netz. iOS-Hacker fanden sie und zerlegten sie dankbar bis in die kleinsten Bestandteile (siehe Interview auf Seite 36).

Pikant: Erst im Juni war die Audioaufnahme einer Veranstaltung an Journalisten gelangt, in der das Apple-Sicherheitsteam referierte, wie wichtig es ist, so etwas zu verhindern. Die Security-Profis von ehemals NSA, Secret Service, FBI und dem US-Militär erläuterten, wie böse Blogger versuchen, Apple-Mitarbeiter in Versuchung zu führen. Leaks seien ein Kündigungsgrund – und obendrein Verrat an den eigenen Kollegen.

Dass die Anti-Leak-Veranstaltung ihrerseits leakte, war ein Running Gag. Doch dass Apple sich dann selbst die iPhone-Keynote 2017 derart versaute, ist nicht mehr lustig. Zumal das Veröffentlichen von sensiblen Firmware-Dateien auf einem ungeschützten Server, erreichbar aus dem ganz normalen Internet, nichts mit guter IT-Security zu tun hat. Dabei liegt Apple beim Schutz von Daten- und Privatsphäre sonst meilenweit vor der Konkurrenz.

Es ist nicht nur spannend zu lesen, wie Firmware-Dateien von iOS-Experten auf Informationen abgeklopft werden und was sich aus solchem Code alles herausfischen lässt. Vor allem zeigt es, dass Apple noch viel besser werden muss bei seinen Geheimhaltungsmaßnahmen. Dann werden auch die Präsentationen wieder spannender.

Unterschrift Ben Schwan Ben Schwan