Make Magazin 3/2016
S. 58
Ausprobiert
Aufmacherbild

Raspi-Kamera nachgeschärft

Kaum war das neue 8-Megapixel-Kamera-Modul im Handel, beschwerten sich Käufer, dass es unscharfe Bilder liefere. Wir haben uns selbst ein Bild gemacht.

Ende April hat die Raspberry Pi Foundation eine neue Version des Kameramoduls für ihren Einplatinenrechner auf den Markt gebracht. Der Anlass: Die in der Vorversion eingebauten OmniVision-OV5647-Sensoren mit fünf Megapixeln werden nicht mehr herstellt. Deshalb kommt im neuen Kameramodul V2.1 der Sensor IMX219 von Sony mit acht Megapixeln zum Einsatz, der dank der Exmor-R-Technik des Herstellers außerdem bessere Farben und eine höhere Bildqualität auch bei schwacher Beleuchtung liefert. Der Preis hat sich verglichen mit dem Vorgänger allerdings kaum geändert.

Wie gehabt sitzt die eigentliche Kamera auf einer winzigen Platine und wird durch ein breites Bandkabel in den eigens dafür vorgesehenen Port auf dem Raspberry Pi gesteckt – ob es sich dabei um einen aktuellen Pi 3, einen Pi 2 oder eines der älteren Modelle A+ und B+ handelt, ist egal. Neben der normalen Kamera ist auch eine spezielle Ausführung erhältlich, die für infrarotes Licht empfindlich ist.

Knick in der Optik

Drei Ausschnitte aus Dirk Knops Zeitrafferaufnahmen: links das alte Raspberry-Pi-Kameramodul, in der Mitte die Aufnahme seiner frisch ausgepackten Raspi-Cam v2.1 und rechts das Bild derselben Kamera nach dem manuellen Refokussieren, als seine neue Kamera endlich klar sah. Bilder: Dirk Knop

Kaum ein paar Tage nach der Ankündigung des neuen Moduls meldete sich allerdings unser Autor Dirk Knop: Er hat einen Raspberry Pi samt Kamera fest installiert, um durch ein Fenster Zeitrafferaufnahmen eines Parks zu machen. Doch von den ersten Bildern seiner neuen Raspi-Kamera war er schwer enttäuscht: Die Fotos erschienen ihm deutlich unschärfer als mit dem alten Kameramodul. Er wies uns auch auf Forumsbeiträge hin, in denen andere Käufer der neuen Kamera wenig optische Qualitäten bescheinigten.

Bald meldete sich auch Raspberry-Pi-Gründer Eben Upton zu Wort: Die neuen Module seien – anders als die erste Version der Kamera – mit Absicht nicht für den unendlichen Bereich fokussiert, wovon bei der Ankündigung freilich keine Rede war. Das sei ein Kompromiss, um im Gegenzug näher an Objekte heranrücken zu können. Allerdings sei der Raspberry Pi Foundation bei einer Reihenuntersuchung von Kameramodulen aufgefallen, dass die von Exemplar zu Exemplar deutlich unterschiedlich fokussiert seien.

Gegenprobe

Für unseren eigenen Test in der Redaktion hatten wir offenbar ein weitsichtiges Exemplar erwischt: Das lieferte auf über hundert Meter Entfernung scharfe Bilder, zeigte auch im Testlabor der Kolleginnen und Kollegen von c’t Digitale Fotografie keine Fokusschwächen und erwies sich in der optischen Qualität dem Vorgängermodell als deutlich überlegen (Bildbeispiele siehe Link am Ende des Artikels). Was der Linse aber auf weniger als einen halben Meter nahe rückt, wird mit dieser speziellen Kamera unscharf dargestellt.

Nachgeschärft

Zum Lösen der verklebten Linse reicht ein improvisiertes Werkzeug aus einer Plastikkarte. Sehr präzise muss es nicht gearbeitet sein. Bilder: Dirk Knop

Was kann man also tun, wenn man speziell Nah- oder Panoramaaufnahmen machen will, aber eine Kamera erwischt hat, die gerade dafür falsch fokussiert ist? Glücklicherweise hat der Raspberry-Pi-Forums-Nutzer mit dem Pseudonym caerandir eine simple und zerstörungsfreie Lösung gezeigt. Man nimmt eine Plastikkarte (siehe auch Seite 10), bohrt ein etwa 5 Millimeter großes Loch hinein und versieht es mit einem scharfen Messer mit kleinen Aussparungen für die Gnubbel an der Linse. Besonders viel Mühe muss man sich dabei nicht geben, damit es funktioniert.

Dann kann man damit etwas beherzten Druck auf die Linse ausüben und sie losdrehen, nachdem man ihre Verklebung gelockert hat. Anschließend fokussiert man die Kamera vorsichtig mit einer kleinen Zange. Das erfordert unter Umständen etwas Geduld – aber es lohnt sich, wie uns unser Autor Dirk Knop bestätigte. pek