Make Magazin 3/2016
S. 122
Community-Projekte
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Die gelben Flächen links und rechts vom Bildschirm des „Scott TV“ sind selbst entwickelte Piezo-Taster.

Ein Media Player für Scott

Ich wollte für unseren autistischen Sohn Scott einen robusten und einfach zu bedienenden Mediaplayer. Eine kommerzielle Lösung war nicht zu finden und so ist dieses Gerät entstanden.

Da Scott nicht spricht, ist die Kommunikation mit ihm ziemlich eingeschränkt. Er schaut gerne Zeichentrickfilme, kann uns aber nicht mitteilen, ob er einen Film sehen will oder nicht. So bin ich auf die Idee gekommen, ein paar vordefinierte Filme zusammenzustellen, die Scott über Taster selber auswählen und stoppen kann. Ein Hauptproblem lag darin, die richtigen Taster zu finden. Lichtschalter sind nicht stabil genug und lassen sich nach kleinen Unfällen nicht so einfach reinigen. Industrielle Piezotaster sind zu klein. Ich habe daher einige Tests mit Piezoelementen gemacht und entwickelte so meinen eigenen großen Piezotaster. Das Gehäuse musste – Scotts Bedürfnissen entsprechend – nach folgenden Prinzipien konstruiert werden: runde Kanten und keine abstehenden Teile. Für den Korpus habe ich 18-mm-Multiplexplatten gebaut, denn er muss auch mal Fußtritte aushalten können. Der Monitor durfte nicht mit der Frontplatte verbunden sein, da er sonst beschädigt werden könnte. Also habe ich ihn über zwei Metallschienen hinten an der Konstruktion montiert. Eine 8 mm dicke Plexiglas Platte schützt den Bildschirm. Das Ganze habe ich mehrmals lackiert und mit Schutzlack überzogen. Die drei Drehscheiben sind nur zum Spielen, sie haben keine Verbindung mit der Elektrik. Die Lautsprecher habe ich innen montiert, sodass sie für Scott nicht zu erreichen sind.

Die Platine für die DIY-Piezotaster
Scott an seinem Mediaplayer
Die Rückseite des Mediaplayers – oben der Raspi, unten die Lautsprecher und in der Mitte Bildschirm und Taster

Das Herzstück des Mediaplayers ist ein Raspberry Pi B+. Als Software habe ich den Omxplayer ausgewählt, da er unter Arch Linux ohne grafische Benutzeroberfläche auskommt und ohne Probleme HD-Filme abspielt. Die Skripte für die Tastenabfrage über die GPIOs und die Steuerung des Omxplayers habe ich in Python geschrieben. Für die Erstellung des Menüs nutzte ich ein Videoschnittprogramm. Es ist ein Videofile von einer Minute, das in Endlosschleife läuft und 6 Ausschnitte von den zu wählenden Filmen zeigt. Wird ein Taster gedrückt, gibt er einen Impuls von einer Sekunde ab. Das Video mit dem Menü wird gestoppt und der Film neben dem betätigten Taster wird gestartet. Endet der Film oder wird irgendein Taster gedrückt, startet wieder das Video mit dem Menü. Mein Sohn kommt sehr gut mit seinem Mediaplayer klar. Von Zeit zu Zeit tausche ich einige Filme über FTP aus, damit ihm nicht langweilig wird. hch

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Ein Segelschiffmodell im Windkanal

Ein Windkanal am Schreibtisch

Die relativ komplexe Theorie der Aerodynamik ist speziell Kindern schwer zu vermitteln, ein Grundverständnis aber zum Beispiel für das Segeln notwendig. Mit einem Windkanal, der auf einen Schreibtisch passt, lässt sich Aerodynamik spielerisch vermitteln.

Alles hat damit angefangen, dass unsere Tochter im letzten Sommer einen Segelkurs machen wollte. Sie kam erst im Herbst in die Schule und konnte noch nicht lesen, somit konnte sie mit den Texten, Skizzen und Zeichnungen zur Segeltheorie im Kursskriptum recht wenig anfangen. Nach einiger Überlegung kam ich zum Schluss, dass man ihr die Segeltheorie am Besten mit einem Windkanal erklären beziehungsweise zeigen könnte.

Eine kurze Internetrecherche brachte zwar ein paar Anregungen, aber keine Lösung, die mir wirklich gefiel. So habe ich unseren Vorrat an Cocktailstrohhalmen geplündert und den ersten Prototypen aus Wellpappe gebaut. Zum Sichtbarmachen der Luftströmungen hat mir ein Kollege aus dem Segelclub eine Nebelmaschine geborgt. Die Strömung durch die Strohhalme war schon im ersten Kanal überraschend gleichförmig, nur der Nebel kam mit zu viel Druck aus der Nebelmaschine und war somit für meine Zwecke unbrauchbar. Das Prinzip, die Luft mittels PC-Lüftern durch Strohhalme anzusaugen, um zu einer gleichmäßigen Strömung zu kommen, funktionierte allerdings.

Der aktuelle Windkanal – rechts ist der Behälter für Trockeneis.

Der nächste Prototyp war aus Sperrholz und hatte schon die Möglichkeit, das Schiff im Windkanal zu drehen, damit man die einzelnen Kurse zum Wind zeigen kann. Mit herausgeführten Fäden („Schoten“) kann man die Segelstellung variieren. Ich wollte einen größeren umströmten Bereich und verbaute dafür rund 600 weitere Cocktailstrohhalme. Zum Sichtbarmachen der Strömung probierte ich einen Nebler aus, wie er in Zimmerbrunnen verwendet wird: Diese Geräte verdampfen Wasser mit Ultraschall. Allerdings ist es eine ziemlich feuchte Angelegenheit: Es spritzt einiges daneben und auch der Nebel ist sehr feucht, was sicher den PC-Lüftern nicht gut tut – nicht die ideale Lösung. Im zweiten Prototypen war auch schon eine LED-Beleuchtung integriert, durch die der Nebel besser sichtbar wird.

Statt Segelschiff: ein Automodell im Windkanal

Die aktuelle Version des Windkanals habe ich mit makerBeam-Profilen, Kunststoffplatten, Wabenkernen und Plexiglas gebaut. Für den Nebel kommt Trockeneis zum Einsatz: Das CO2 sublimiert in warmem Wasser und ergibt einen wunderbar dichten Nebel. Diese Version habe ich auf der Maker Faire in Wien ausgestellt. Mit dabei waren ein Modell eines Wikingersegels, einer modernen Jolle und eine Platte, mit der man die Auswirkungen verschieden bauchiger Segel gut zeigen kann. Seither haben wir auch schon Automodelle und Profile von Flugzeugflügeln in den Windkanal gegeben.

Die Rückmeldungen auf der Maker Faire waren so positiv, dass ich mich dazu entschlossen habe, das Projekt weiter zu verfolgen. Wir wollen einen Bausatz entwerfen und über eine Crowdfunding-Kampagne finanzieren. Zusätzlich wollen wir eine Plattform bieten, auf der die Community Baupläne und Bausätze für unterschiedliche Modelle – Segelschiffe, aber auch Flieger und Autos – einerseits finden und andererseits selbst entwickeln kann. esk