Make Magazin 3/2016
S. 70
Grundlagen
Aufmacherbild

Spulen

Spulen (oder ganz allgemein Induktivitäten) sind etwas, was der gemeine Elektroniker nur ungern anfasst – selbst fortgeschrittenen Bastlern sind die dynamischen Vorgänge in einer Spule unheimlich. Zu Unrecht, denn zum Verständnis kommt man weitgehend ohne (höhere) Mathematik aus.

Die Spule ist gewissermaßen das Gegenstück zum Kondensator: Während sich ein Kondensator gegen schnelle Spannungsänderungen sträubt, widersetzt sich eine Spule schnellen Stromänderungen. Und genau wie der Kapazitätswert eines Kondensators bestimmt die Induktivität einer Spule, wie sehr sie sich wehrt. So einfach ist das – aber warum? Und was kann man damit anfangen?

Schaltbild und Simulation: Der Strom (rote Linie) durch eine 3-mH-Spule steigt nach Einschalten von 10 V (t = 1 ms) durch den Transistor T1 völlig linear auf 3,3 A an. Der grüne Plot zeigt die Ausgangsspannung beim Abschalten (t = 2 ms); der Impuls erreicht kurzzeitig 330 V.

Schon ein simpler Draht ist elektrisch gesehen eine Spule: Legt man eine Spannung an, baut sich entlang des Leiters ein Magnetfeld auf, und je mehr Feldlinien „fertig“ sind, desto größer wird der fließende Strom. Bei einigen Ampere wird schon eine Kompassnadel in der Nähe merklich ausgelenkt. Der Stromanstieg erfolgt rasend schnell, und wenn man ihn nicht irgendwie begrenzt (etwa durch einen Widerstand), wird der Draht schlicht verdampfen, weil er nach kurzer Zeit (aber nicht unendlich schnell!) einen Kurzschluss darstellt.

Umgekehrt ist es genau so: Wird ein Leiter plötzlich von einem Magnetfeld umgeben, erzeugt er eine Spannung, und mit einem angeschlossenen Verbraucher wird ein Strom fließen. Diese sogenannte Induktion ist das Grundprinzip jedes Dynamos oder Generators: Spannungserzeugung durch sich ändernde Magnetfelder.

Die Induktion sorgt bei einer Spule aber eben auch dafür, dass die vom eigenen Magnetfeld (genauer: dessen Änderung) erzeugte Gegenspannung den Stromfluss hindert – man nennt sie deshalb Selbstinduktion. Ohne die Selbstinduktion wäre eine Spule nur ein aufgewickelter Kurzschluss.

Dicke Spulen aus hochwertigen Lautsprecher-Frequenzweichen: Die hohen Ströme erfordern auch voluminöse Bauformen. In China-Boxen haben wir aber auch schon mit Klingeldraht umwickelte Nägel gesehen.

Ist der (isolierte) Draht auf eine Rolle gewickelt, passiert darüber hinaus noch etwas: Die einzelnen Windungen beeinflussen sich gegenseitig, weil das Magnetfeld der einen Windung in der nächsten eine Spannung erzeugt, die ebenso dem allzu schnellen Stromanstieg entgegenwirkt. Aus diesem Grund steigt die Induktivität einer Spule rechnerisch mit dem Quadrat der Windungszahl: Doppelte Anzahl Windungen gleich vierfacher Induktivitätswert. In der Praxis ist er etwas kleiner, weil die Windungen nicht unendlich dicht beieinander liegen.

Die Induktivität erhöht sich gleich um einige Größenordnungen, wenn man die Drahtrolle mit einem Eisenkern versieht. Ferromagnetische Werkstoffe können die magnetischen Feldlinien viel besser bündeln als Luft oder nichtmagnetische Werkstoffe. Die Induktivität steigt weiter an, wenn der Eisenkern um die Spule herum einen geschlossenen Ring ergibt.

Spulen-Pionier

Das Maß für die Induktivität ist das Henry (abgekürzt H), benannt nach dem amerikanischen Physiker Joseph Henry – der kam als Erster auf die Idee, einen Draht zur Erzeugung eines Magnetfelds aufzuwickeln. Ein weiterer Wissenschaftler, der ebenfalls in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirkte, stand Pate für das Formelzeichen L der Induktivität, Emil Lenz.

Eine Spule hat die Induktivität L = 1 H, wenn bei einer angelegten Spannung von einem Volt der Strom nach exakt einer Sekunde auf 1 A gestiegen ist. Spulen mit dieser Induktivität sind schon unhandlich groß, aber durchaus üblich: Drosselspulen für die Anodenspannung in Röhrenverstärkern zum Beispiel liegen in dieser Größenordnung.

Sie bemerken vielleicht schon eine gewisse Ähnlichkeit zum Kondensator: Ein 1-F-Kondensator (ebenfalls ein unhandlicher Wert) ist in einer Sekunde auf 1 V aufgeladen, wenn man einen Strom von 1 A hineinschickt. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass eine Spule nicht die Spannung (in Form von Ladung) speichert, sondern den Strom (in Form eines Magnetfeldes). Damit wären wir bei unserer Eingangsbehauptung: Die Ladung eines Kondensators verhindert schnelle Spannungsänderungen, das Magnetfeld einer Spule verhindert schnelle Stromänderungen.

Klingt merkwürdig, ist aber einfach zu verdeutlichen: Nehmen wir an, einer dicken (idealen) Spule von 1 H ist ein Widerstand von 1000 Ohm parallel geschaltet. Durch die Spule fließt ein konstanter Gleichstrom von 1 A – und durch den Widerstand nichts, weil die Spule für Gleichstrom einen Kurzschluss darstellt. Schaltet man die Stromquelle plötzlich ab, ist die Spule bestrebt, den eben noch fließenden Strom beizubehalten. Das klappt aber nur, wenn sie eine Spannung von 1000 Volt am Widerstand aufbaut – dann nämlich fließen durch 1000 Ohm auch 1 Ampere. Da das Magnetfeld schnell zusammenbricht, ist der Stromfluss zum Glück nur von kurzer Dauer.

Axiale Drosselspulen, zum Teil mit Ferrit-Stabkern: Diese universellen Typen werden gern zur Entstörung und Entkopplung benutzt, die kleineren Ausführungen auch schon einmal als frequenzbestimmendes Bauteil in Schwingkreisen.

Trotzdem kann er zerstörerisch wirken: Auch verlustbehaftete, reale Induktivitäten (der aufgewickelte Draht hat ja auch einen ohmschen Widerstand) entwickeln bedrohlich hohe Spannungen, wenn der hindurchfließende Strom plötzlich unterbrochen wird. Ohne Schutzmaßnahmen wird zum Beispiel ein Schalttransistor durchschlagen, der nur ein simples 12-V-Relais ansteuern sollte: Beim Abschalten kann ein Impuls von einigen Hundert Volt entstehen.

Tonnenkerne erlauben eine erhöhte Strombelastbarkeit bei einer im Vergleich zum Stabkern kleineren Bauform. Sie sind in vielen mittleren Schaltregler-Anwendungen zu finden.

Zum Beweis haben wir einmal die Schaltung von S. 71 aufgebaut – mit Bauteilen, die sich gerade in einer Wühlkiste fanden. Die Spule stammt aus einer hochwertigen Lautsprecher-Frequenzweiche, sie weist laut Aufdruck einen Wert von 3 mH auf. Der dicke Draht und der Aufbau als „Luftspule“ (ohne Eisen- oder Ferritkern) versprechen ein nahezu ideales Verhalten. Der Strom wird von einem MOSFET eingeschaltet, gesteuert von einem Impulsgenerator. Dort haben wir 1 ms lange Impulse mit 10 ms Pausenzeit eingestellt. Die Versorgungsspannung von 10 V liefert ein Labornetzteil. Zum Messen des Stromes durch Spule und MOSFET haben wir (im Unterschied zum Schaltbild) zwischen Source-Anschluss und Masse einen niederohmigen Widerstand (0,1 Ohm) eingefügt; mit einem Oszilloskop misst man daran also 100 mV pro Ampere. Den beim Abschalten des Stromes zu erwartenden hohen Spannungsimpuls soll ein 100-Ohm-Widerstand parallel zur Spule im Zaum halten. Damit er beim „Aufladen“ der Spule nicht stört, ist ihm eine Diode vorgeschaltet.

Theoretisch passiert jetzt Folgendes: Nach dem Einschalten des Transistors erreicht der Strom durch die Spule gemäß der Formel I = (U × t)/L nach 1 ms einen Wert von 3,3 A (10 V × 0,001 s / 0,003 H). Dann wird der Transistor abgeschaltet, die Spule möchte aber ihre 3,3 A gern beibehalten. Der einzige Weg dafür geht nun über den parallel geschalteten 100-Ohm-Widerstand: Damit durch ihn ein Strom von 3,3 A fließen kann, muss die Spannung nach dem Ohmschen Gesetz U = I × R unglaubliche 330 V betragen – natürlich nur einen kurzen Moment, denn die in der Spule gespeicherte Ladung kann nicht größer sein als die in der vorangegangenen Millisekunde hineingesteckte. Wenn wir hier nicht ganz korrekt von „Ladung“ sprechen, ist natürlich das gespeicherte Magnetfeld gemeint und nicht gesammelte Ladungsträger wie bei einem Kondensator.

Da der Stromanstieg linear erfolgte, ist die gespeicherte Energie (im Prinzip die Fläche unter dem Ladestrom-Dreieck) halb so groß wie das Produkt aus Zeit, Spannung und Maximalstrom, hier also 0,5 × 0,001 s × 10 V × 3,3 A = 0,0165 Ws (Wattsekunden) – ein überschaubarer Wert. Bei der Entladung über den Widerstand würde sich exakt der gleiche Wert finden, wenn man das Produkt aus Entladespannung und Entladestrom integriert. Dafür ist wegen des umgekehrt exponentiellen Verlaufs schon höhere Mathematik nötig – und die wollten wir Ihnen ja ersparen.

Der praktische Aufbau der Schaltung bestätigte unsere Berechnung: Tatsächlich entsteht beim Abschalten ein Impuls von über 300 V – das reicht für einen ordentlichen elektrischen Schlag, also aufpassen! Dieses Prinzip wird übrigens auch bei Aufwärts-Spannungswandlern genutzt – über die Diode wird dort ein Kondensator aufgeladen. Je nach Auslegung kann die Ausgangsspannung deutlich bis sehr deutlich über der Eingangsspannung liegen – 100 V bei 5 V am Eingang sind durchaus drin.

Reale Spulen

Wenn wir im Folgenden von Spulen sprechen, meinen wir nicht solche, deren ausschließlicher Zweck die Erzeugung von Magnetfeldern ist (etwa in Relais oder Hubmagneten), sondern die in der Elektronik verwendeten. Man findet sie zum Beispiel in Netzteilen, in Schwingkreisen und Filtern.

Spulen in Filtern nennt man auch gern „Drosseln“ – weil hier direkt die Eigenschaft „Trägheit gegen schnelle Stromänderungen“ genutzt wird. Drosseln können zum Beispiel in den Eingangsschaltkreisen von Interfaces aller Art dafür sorgen, dass störende Frequenzen (zum Beispiel Handy-Strahlung) nicht hineingelangen – und umgekehrt auch nicht hinaus.

Ringkern-Spulen findet man in jedem größeren Schaltnetzteil als „Speicherdrossel“ für den Schaltwandler, auch zur Motor- und Dimmer-Entstörung werden sie oft eingesetzt. Im Vergleich zu Stabkern-Spulen erzielen sie höhere Induktivitätswerte und streuen ihr Magnetfeld nicht so stark.

Auch eine Lautsprecher-Frequenzweiche ist ein Filter – sie sorgt dafür, dass dem Bass-Chassis keine hohen Frequenzen und dem Hochtöner keine tiefen zugeführt werden. Eine einfache Zweiwege-Weiche verwendet zum Abschwächen der hohen Töne eine Drosselspule in der Größenordnung von einigen mH, die in Serie zum Basslautsprecher geschaltet ist.

Spulen, die man heute auf Leiterplatten in elektronischen Geräten findet, haben eher „mittelprächtige“ Werte – üblich sind einige -zig nH (Nano-Henry, also milliardstel Henry) bis ein paar mH (Milli-Henry, tausendstel Henry). Es gibt sie in verschiedensten Ausführungen fertig zu kaufen, und nur für spezielle Anwendungen muss man sie noch selbst wickeln oder wickeln lassen.

Für die Funkamateure gab es früher umfangreiche Tabellenwerke, um die für eine bestimmte Induktivität und einen gegebenen Durchmesser erforderliche Windungszahl zu bestimmen – außerdem ziemlich komplizierte Formeln, die dann auch nur für eine bestimmte Bauweise galten. Die hohe Kunst des Spulenwickelns ist heute fast ausgestorben – lieber greift man auf Fertigprodukte zurück, deren Werte vom Hersteller garantiert werden. Nebenstehende Bilder zeigen eine kleine Auswahl: von riesigen Luftspulen aus alten Lautsprecher-Weichen (so viel wertvolles Kupfer würde heute kein Hersteller mehr „verschwenden“) bis hin zu winzigen SMD-Bauteilen für CPU-Spannungsregler. Es geht sogar noch kleiner: Immer höhere Schaltfrequenzen (bis in den MHz-Bereich) bei Spannungswandlern erlauben auch immer kleinere Induktivitätswerte – inzwischen ist man bei stecknadelkopfgroßen Speicherdrosseln angelangt.

Ein wichtiger Kennwert ist neben der Induktivität die Strombelastbarkeit. Je mehr Windungen auf einen bestimmten Wickelkörper aufzubringen sind, umso dünner muss der Draht sein. Damit steigt in gleichem Maße der Ohmsche Widerstand, wie auch die Strombelastbarkeit sinkt. Hohe Induktivitätswerte bei hoher Strombelastbarkeit erfordern also auch große Spulen. Der Ohmsche Widerstand des Kupferdrahtes indes verwässert die induktiven Eigenschaften (also die „Güte“) einer Spule und ist deshalb zu vermeiden.

Schalenkerne sind ideal für Filter- und Kleinleistungsanwendungen. Es gibt sie auch als Teilesatz zum Selbstbewickeln. Mit dem vom Hersteller angegebenen AL-Wert ist die Dimensionierung einfach.

Wie eingangs erwähnt, kann man die Induktivität einer Wicklung drastisch erhöhen, wenn man den Kern mit einem magnetischen Werkstoff füllt – im einfachsten Fall weiches Eisen. Leider hat dieses die unangenehme Eigenschaft, sich einer ständigen schnellen Ummagnetisierung zu widersetzen – es entstehen bei höheren Frequenzen sogenannte Magnetisierungsverluste. Zudem ist es leitend: Dadurch werden im Kernmaterial „Wirbelströme“ induziert, wenn durch die Spule ein Wechselstrom fließt. Eisenkerne von Transformatoren und Netzdrosseln sind deshalb scheibchenweise aus dünnen Blechen aufgebaut, damit sich keine Induktionsschleifen bilden können – die würden wie ein Kurzschluss wirken und den Kern wie einen Topf auf dem Induktionskochfeld erhitzen.

Für die Anwendung bei höheren Frequenzen (ab einigen kHz) greift man lieber auf Ferrite und Pulverkerne zurück. Erstere sind nicht oder schwach leitende Keramikwerkstoffe aus Eisenoxid, Letztere im Prinzip mit einem isolierenden Bindemittel verklebte Eisenfeilspäne. Beide vermeiden Wirbelstrom- und Magnetisierungsverluste. Es gibt inzwischen Hunderte verschiedene Materialien für alle möglichen Frequenzbereiche und Aufgabengebiete, gepresst in Tausende Varianten unterschiedlichster Abmessungen und Formen.

Besonders hohe Induktivitätswerte lassen sich mit geschlossenen Kernen erzielen – also solchen, die einen geschlossenen magnetischen Kreis ergeben und die Wicklung ganz oder teilweise umhüllen. Beliebt ist die Ausführung als Ringkern, weil der Ring aus Ferritmaterial wenig Magnetfeld nach außen abstrahlt. Bei unbewickelten Ferrit- und Pulverkernen „von der Stange“ ist immer die Induktivitätskonstante AL angegeben – anhand dieser lässt sich die für eine bestimmte Induktivität erforderliche Windungszahl leicht berechnen.

Messungen mit der Schaltung von Seite 71 an einer realen Spule: Bei rund 1 A (blaue Linie, 100 mV/A), die nach 1 ms erreicht sind, steigt der Spulenstrom stark nicht linear an – ein Zeichen, dass der Kern in die Sättigung gerät.

Spulen mit Ferrit- und Eisenkernen haben einen gemeinsamen Nachteil: Die Werkstoffe lassen sich nur bis zu einer (materialabhängigen) Grenze magnetisieren. Darüber hinaus nimmt sozusagen ihr AL -Wert rapide ab, bis irgendwann nur noch die Eigeninduktivität der Wicklung (also quasi in Luft) wirksam bleibt.

Die Grenzmagnetisierung des Kerns ist besonders schnell erreicht, wenn die Spule von einem Gleichstromanteil durchflossen wird – und wenn der Kern komplett in sich „geschlossen“ ist. Die angegebene Strombelastbarkeit ist bei Ferritspulen also keineswegs die Belastbarkeit des Kupferdrahtes, sondern ein Maß für die Magnetisierungsgrenze des Kerns, der sogenannten Sättigung.

Für höhere Strombelastbarkeiten wählt man spezielle Kernwerkstoffe mit eher niedrigem AL-Wert – oder man sieht einen sogenannten Luftspalt vor. Das ist im Prinzip eine Unterbrechung des magnetisch geschlossenen Kreises, oft reichen wenige Zehntelmillimeter. Der AL-Wert verschiebt sich abhängig von der Spaltbreite stark nach unten. Luft (oder ein anderes nichtmagnetisches Material) kann beliebig große magnetische Feldstärken aufnehmen, und die Aufgabe des Kerns ist es nun vorrangig, die Feldlinien auf den Luftspalt zu konzentrieren. Manchmal versteckt sich der Luftspalt im Kernmaterial selbst: Bei Pulverkernen kann man durch das Verhältnis Eisen zu Bindemittel bestimmen, wie viel „Luftspalt“ entsteht.

Die Strombelastbarkeit ist zum Beispiel bei Spulen, die in Step-Up- oder Step-Down-Schaltwandlern betrieben werden, ein ernstes Kriterium. In Datenblättern für Leistungsinduktivitäten findet man deshalb in der Regel die Angabe eines Sättigungsstroms, bei der die Induktivität um einen bestimmten Prozentsatz gefallen ist (zum Beispiel 10 %). Nicht zu knapp dimensionieren: Im Einschaltmoment können bei Schaltwandlern deutlich höhere Ströme auftreten, weil die ziemlich dicken Ausgangs-Elkos aufzuladen sind.

Anwendungen

Heute nicht mehr wegzudenken: moderne Induktivitäten für Schaltwandler in SMD-Bauform. Hohe Schaltfrequenzen ermöglichen kleine Induktivitäten, und dank des dicken Drahtes und fortschrittlicher Kernwerkstoffe vertragen sie einige Ampere.

Früher die hohe Kunst des Radiobastelns, ist der Schwingkreis und seine Berechnung heute etwas in Vergessenheit geraten – in Zeiten von RasPi & Co. und Instant-Elektronik auch kein Wunder. Ein Schwingkreis ist eine Spule mit parallel geschaltetem Kondensator. Wie der Name schon sagt, ist das Gebilde schwingungs- oder resonanzfähig: Eine einmal hinein geschickte Ladung pendelt wie ein Gewicht an einer Feder ständig zwischen Kondensator und Spule hin und her. Das würde sie sogar unendlich lange tun, wenn wir ideale Bauteile ohne Verluste (zuvorderst der ohmsche Widerstand des Spulendrahtes und Magnetisierungsverluste) hätten. In der Realität klingt die Schwingung je nach Güte der Spule nach einigen Amplituden ab; um sie aufrechtzuerhalten, muss man einen rückgekoppelten Verstärker vorsehen – so entsteht ein Oszillator.

Selbstgewickelte Drosselspule für einen PWM-Frequenzwandler: Gefordert war eine recht hohe Induktivität von 15 mH bei mindestens 1 A Strombelastbarkeit. Die 230 Windungen auf einem N87-Kern mit 0,5 mm Luftspalt wurden experimentell ermittelt.

Ein Schwingkreis zeigt ein ausgeprägtes Resonanzverhalten – er kann also aus einem Signalgemisch bestimmte Frequenzen herausfiltern. In jedem Radio passiert so etwas mit dem Antennensignal – Schwingkreise lassen aus dem Chaos nur die Frequenz eines bestimmten Senders passieren. Die Berechnung von Schwingkreisen (LC-Filtern) füllt ganze Bücher und Studiengänge, wir streifen dieses Gebiet deshalb nur am Rande.

Breite Anwendung erfahren Spulen im Bereich der Entstörung: Netzfilter mit Spulen und Kondensatoren verhindern, dass sich Störsignale (zum Beispiel von Kollektormotoren oder Schaltnetzteilen) ausbreiten. Schnittstellen sind oft mit Miniatur-Filtern ausgestattet, damit Störimpulse auch nicht in ein Gerät hineingelangen. Zu den Entstörfilterspulen gehören im weiteren Sinne übrigens auch die Ferritschalen, die man um ein Kabel klipsen kann: Es entsteht eine „Spule“ mit nur einer halben Windung, aber hochwirksamen geschlossenen Kern, wodurch sich eine Induktivität im µH-Bereich herausbildet.

Stimulierter Schwingkreis: Der Transistor legt einen nur 1 µs kurzen Gleichspannungsimpuls mit 10 V Höhe an, und der dadurch angestoßene LC-Kreis schwingt mit 2,9 kHz aus. Den Drahtwiderstand der Spule haben wir in der Simulation mit 1 Ohm bemessen. Der praktische Aufbau mit unserer Frequenzweichen-Spule lieferte sogar noch länger Schwingungen.

Einen enormen Aufschwung für die Spulenhersteller brachten die modernen energiesparenden Schaltregler, die aus modernen PCs und Mobilgeräten nicht wegzudenken sind. Die meisten Spulen werden heute nicht mehr in Radios verbaut, sondern in Schaltwandlern für CPUs und Handys – zum Beispiel für die LED-Beleuchtung. Firmen wie Coilcraft und Würth haben sich darauf spezialisiert, passende Spulen-Lösungen für die Hersteller von Schaltwandler-ICs zu liefern, denn oft wird im Datenblatt für den höchsten Wirkungsgrad der Schaltung ein bestimmter Spulentyp gefordert. cm