Make Magazin 5/2016
S. 64
Baubericht
Aufmacherbild

Kirmes-Kraftprotz-Ampel

Früher konnten (primär) Männer noch zeigen, was in ihnen steckt. Auf jedem Rummel gab es Automaten, um die Muskeln spielen zu lassen. Wir lassen die Nostalgie wieder aufleben und laden auch die Frauen ein, sich zu behaupten. Wer hat den stärksten Händedruck?

Unsere einfache Schaltung steuert vier Ausgänge an: Je stärker die beiden Hebel am Kraftmesser zusammengedrückt werden, desto mehr Lampen leuchten auf. Weil in unserem Bastelraum gerade auch eine ausrangierte Verkehrsampel Staub ansetzte, haben wir diese kurzerhand zur Darstellung der ersten drei Stufen auserkoren.

Während der eine Hebel unbeweglich ist, kann sich der zweite Hebelarm nur (fast) unmerklich bewegen. Dieser Hebel drückt gegen eine Wägezelle (englisch: load cell) in Form eines Alu-Profils. Schon kleinste Verformungen des Profils genügen, um einen Widerstandswert zu ändern, der dann von der analogen Schaltung ausgewertet wird. Bereits in Heft 3/15 haben wir in eine Hand-Kofferwaage reingeschaut, die nach diesem Prinzip funktionierte. Auf dem Profilbalken befinden sich vier kleine Dehnungsmessstreifen, welche ihren elektrischen Widerstand schon bei kleinsten Verformungen verändern, weil sich der Querschnitt und die Länge des Widerstandsdrahtes ändert.

Messsignal analog verarbeiten

Wie im Schaltplan zu sehen, bilden die vier Biegesensoren eine sogenannte Wheatstonesche Messbrücke. Jeweils zwei Widerstände bilden einen Spannungsteiler für die anliegende Versorgungsspannung. Die resultierende Spannungsänderung ist minimal und liegt im Bereich von wenigen Millivolt, weshalb sie über einen der zwei Operationsverstärker im IC LM358 verstärkt wird. Am Ausgang stehen dann etwa 1,7 V bereit, die je nach Richtung der Krafteinwirkung (nach oben oder nach unten) ansteigt oder abfällt. Ob die von Ihnen verwendete Wägezelle für 5, 10 oder 20 kg ausgelegt ist, ist nicht von Bedeutung, da Sie die einwirkende Kraft durch die Konstruktion des Hebels beeinflussen können.

Um je nach Krafteinwirkung bei steigender Spannung immer mehr Lampen aufleuchten zu lassen, werden Komparatoren als Sonderform des Operationsverstärkers genutzt. Im LM339 befinden sich vier unabhängig voneinander nutzbare Komparatoren. Am positiven Eingang wird die Vergleichsspannung über einen Spannungsteiler eingestellt. Mit dem Poti kann die Spannung flexibel für Fliegengewichte oder Muskelprotze angepasst werden, so dass schon kleine Kräfte ausreichen können oder wirklich zugepackt werden muss. Sobald die am Referenzeingang eingestellte Spannung am negativen Eingang des Komparators anliegt, wird der Open-Collector-Ausgang durchgeschaltet, bis die Eingangsspannung wieder unter die Schaltschwelle sinkt.

Auf der Lötseite müssen 24 Unterbrechungen (rot) vorgenommen werden. Die Platine ist dabei spiegelverkehrt zu betrachten. Die Unterbrechungen können mit einem Dremelfräser oder scharfen Cuttermesser durchgeführt werden.
Auf der Bestückungsseite der Streifenrasterplatine werden die Bauteile und die Brücken eingesetzt. Drei MOSFETs sind gestaucht wiedergegeben, damit die anderen Bauteile dort nicht verdeckt werden.

Für den Ausgang sind im Schaltplan zwei Varianten eingezeichnet, die einzeln oder parallel genutzt werden können. Zum einen gibt es eine Standard-LED mit passendem Vorwiderstand (R5…R8). Um höhere Lasten anzusteuern, ist zudem ein P-Kanal MOSFET für 8 A/80 V mit zugehörigem Pull-Up-Widerstand (R9…R12) vorgesehen. Als Modell kommen diverse Typen infrage, wie beispielsweise auch ein IRF4905. Wichtig ist, dass die Gate-to-Source-Spannung VGS (zum Durchsteuern der Drain-Source-Strecke) möglichst im Bereich von 4 V liegt. P-Kanal MOSFETs arbeiten prinzipbedingt nicht besonders wirkungsvoll und weisen einen Drain-to-Source-Widerstand RDSon von etwa 0,02…0,4 Ω auf. Die Glühlampen in der Verkehrsampel sind mit 10 V/20 W angegeben, was einen Stromfluss von 2 A bedeutet. Die ungefähre Verlustleistung (ohne Berücksichtigung von Temperaturänderungen) bei ungünstigen Kennwerten errechnet sich mit P = RDSOn × I2 = 0,4 Ω × 22 A = 1,6 W. Das ist ein vertretbarer Verlust, der das TO-220-Gehäuse spürbar erwärmt, aber noch keinen Kühlkörper erforderlich macht – zumal die Lampen nur kurze Zeit leuchten werden.

Aufbau

Der hohe Stromverbrauch bei der Variante mit den Lampen erfordert ein leistungsfähiges Netzteil und Leitungen mit entsprechend großem Querschnitt. Wie so oft muss ein ausrangiertes PC-Netzteil dafür herhalten. Das liefert zwar 12 V anstatt der vorgesehenen 10 V, aber das ist durchaus vertretbar.

Aufbau der Elektronik auf einer Streifenrasterplatine mit ein paar Abweichungen zur links unten gezeigten Zeichnung. Die Platine und das Aluprofil wurden auf der Rückseite der Konsole befestigt.

Die Elektronik kann auf einer Streifenrasterplatine aufgebaut werden. Die Abbildungen zeigen eine mögliche Platzierung der Bauteile für die Variante mit MOSFETs. Die Leiterbahnen liegen natürlich auf der Lötseite und nicht auf der Bestückungsseite. Beim Übertragen der notwendigen Unterbrechungen in einigen Leiterbahnen ist deshalb spiegelverkehrt zu arbeiten, so wie es auf der nächsten Seite abgebildet ist.

Die Schaltung und der Kraftsensor werden in einer eigens gebauten kleinen Konsole aus robustem Holz befestigt. Die Rückwand bildet auch gleich den fixen Hebel, während der bewegliche innen über ein Rundholz gelagert gegen den Sensor drücken kann, der mit etwas Abstand an einer Seite fest ans Gehäuse geschraubt wurde. Über eine 9-polige SUB-D-Buchse wird der Kontakt zur Ampel hergestellt. Wenn alles schön verpackt ist, kann das Kräftemessen beginnen – auf dem Titelbild fehlt noch die Oberseite, die aus Plexiglas gefertigt wird. Allerdings ist beim ersten Einsatz noch eine Abstimmung der Schwellwerte notwendig. Dazu muss für jede Lampe mit dem dazugehörigen Trimmer eingestellt werden, bei welchem Druck sie aufleuchten soll. In Ruhestellung müssen alle Lampen aus sein. Drücken Sie dann die Hebel etwas zusammen und drehen Sie dann am ersten Poti, bis die erste Lampe leuchtet. Drücken Sie etwas weiter zusammen und stellen Sie das Poti für die zweite Lampe ein, so dass diese nun auch noch leuchtet. Wenn Sie selbst nicht stark genug sind, können Sie die zwei Hebel auch einfach mit einer Schraubzwingen einklemmen und diese schrittweise gefühlvoll zudrehen, bis Sie den Wert auch für die letzte Lampe eingestellt haben. Mögen die Spiele beginnen! fls