Make Magazin 6/2016
S. 12
Anleitung
Aufmacherbild

Reißzwecken-Orgel

Mit einer Handvoll Reißnägel und Bauteilen für ein paar Cent bauen wir eine kleine elektronische Orgel, die eine ganze Oktave umfasst und rein analog arbeitet.

Für die Teilname an der Maker Faire Bodensee 2016 musste eine Idee her. Als begeisterte Anhänger der Makerbewegung wollen wir schließlich die Jugend für das Thema Elektronik begeistern. Unser bewährtes Brett- und Reißnagel-System sollte auch diesmal dafür zum Einsatz kommen. Den Gedanken „Jugend liebt Lärm, eine kleine Orgel macht Lärm“ zu entwickeln war noch einfach, die Umsetzung in eine Schaltung, die auch von Achtjährigen aufgebaut werden kann, dagegen nicht so ganz. Speziell, da unser Elektronik-Entwickler erst davon erfahren hat, als die Anmeldung für die Messe schon längst abgegeben war.

Zerreißprobe auf der Maker Faire

Pünktlich zur Messe sind die Bausätze tatsächlich fertig geworden und fanden reißenden Absatz. Bereits am ersten Tag waren unsere mitgebrachten Vorräte aufgebraucht und mehr als 50 Jugendliche hatten, mit ein wenig Unterstützung durch unsere Helfer und manchem Elternteil, erfolgreich ihre eigene kleine Orgel zusammengelötet. Sehr zum Leidwesen der Ohren unserer Nachbarn auf der Messe (unter andern der Crew der Make) war die Begeisterung der Jugend in Sachen Tonerzeugung praktisch nicht zu stoppen. Noch in der Nacht mussten wir für Nachschub sorgen.

Einfacher Sägezahngenerator

Die Schaltung besteht aus zwei Teilen, einem Oszillator mit den Transistoren T1 und T2, gefolgt von einem Verstärker mit T3 und T4. Der Oszillator erzeugt eine rudimentäre Sägezahnspannung an Kondensator C1. Damit er das tut, muss mit dem Griffel eine der „Tasten“ berührt werden. Dadurch wird vom Pluspol der Batterie kommend über R3, den Griffel, einige der Widerstände RK1 bis RK12 und schließlich R6 ein Ladestrom für C1 geliefert. Der Kondensator ist anfangs noch entladen. Die Spannung über C1 beginnt nun mehr oder weniger schnell zu steigen, wodurch der ansteigende Teil des Dreiecksignals entsteht.

Schaltplan für die elektronische Orgel

Die beiden Transistoren T1 und T2 sind noch gesperrt. Das ändert sich schlagartig in dem Moment, in dem die Spannung an C1 etwa 0,6 V größer wird als die durch D1, R1 und R2 gebildete Referenzspannung an der Basis von T2. T2 beginnt nun zu leiten. Dadurch bekommt T1 wiederum etwas Basisstrom, wodurch dieser ebenfalls beginnt, durchzusteuern, was wiederum T2 noch mehr durchsteuert und somit eine Mitkopplung entstehen lässt. Die Folge ist, dass T1 und T2 bei Erreichen der Schaltschwelle beide augenblicklich voll durchsteuern und damit C1 sehr schnell entladen wird und so die fallende Sägezahnflanke entsteht. Ist der Kondensator leer, sperren beide Transistoren wieder. Der kleine Ladestrom über die Widerstände reicht nicht, um die beiden Transistoren durchgesteuert zu halten. Damit ist der abrupt fallende Teil des Sägezahnes abgeschlossen und der Prozess beginnt von neuem.

Die Referenzspannung für T2 liefert die grüne LED D1, die eine Fluss-Spannung von etwa 2,5 V hat. R1 liefert den Strom für die LED, damit sie dunkel als Einschaltkontrolle leuchtet und zur Einstellung des Arbeitspunktes. R2 begrenzt den Strom durch die LED in dem Moment, in dem die beiden Transistoren durchsteuern, da T1 in diesem Moment den Vorwiderstand R1 überbrückt. Je nach mit dem Griffel berührter Taste werden mehr oder weniger Widerstände der Reihenschaltung von RK1 bis RK12 wirksam, wodurch sich die Ladeströme für C1 und so die unterschiedlichen Frequenzen für die einzelnen Töne ergeben. Die Widerstände sind so abgestuft, dass sich alle Halbtonschritte für eine komplette Oktave ergeben. Weil teilweise untypische Widerstandswerte benötigt werden, sind bei einzelnen Tasten zwei Widerstände parallel geschaltet. Alle Widerstände RKxx zusammen ergeben den tiefsten Ton auf der ganz linken Taste und ohne Widerstände ergibt sich der höchste Ton ganz rechts. Im letzteren Fall sind dann nur noch R3 und R6 wirksam. R6 wird so abgeglichen, dass der ganz linke und der ganz rechte Ton genau eine Oktave auseinanderliegen und alle Töne nacheinander gespielt eine normal klingende Tonleiter ergeben.

Damit nun überhaupt etwas zu hören ist, folgt auf den Oszillator noch ein Verstärker, der einen kleinen Lautsprecher ansteuert. Die beiden Transistoren T3 und T4 bilden eine Darlington-Stufe, die einen sehr hochohmigen Eingang gewährleistet. Dadurch kann der Verstärker mit dem hochohmigen Widerstand R5 die Sägezahnspannung an C1 vom Oszillator rückwirkungsfrei abgreifen. Der Darlington-Folger liefert die Eingangsspannung nun niederohmig und genügend verstärkt an den Lautsprecher, um bei längerem Gebrauch schon mal an den Nerven der Eltern zu zupfen. Den nötigen Strom dafür liefert (recht ausdauernd) über den Schalter S1 eine 9-V-Blockbatterie.