Make Magazin 3/2017
S. 104
Reparatur
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So sehen sie meist aus, die auf Dachböden oder Flohmärkten wiederentdeckten Plattenspielerantiquitäten. In vielen Fällen lassen sich die Alterserscheinungen aber schnell und kostengünstig selbst beheben.

Nadel ab und Riemen schlapp

Wer im Zuge der Vinyl-Renaissance wieder in die analoge Audiowelt einsteigt, steht vor einer Reihe technischer Probleme. Wir zeigen, wie man HiFi-Plattenspieler der späten 70er- und 80er-Jahre wieder flottmacht und sich eine Neuanschaffung erspart.

Wir schreiben das Jahr 1990: In fast jedem Haushalt sind CD-Player angekommen und haben die guten alten Plattenspieler verdrängt, die nun statt auf der Spitze der HiFi-Türme auf fast jedem Sperrmüllhaufen thronen. Viele kleine Plattengeschäfte schließen die Pforten. Wer jetzt noch Schallplatten nutzt, ist völlig uncool und altmodisch. Nur High-End-Puristen und DJs können sich dieser Eingruppierung halbwegs entziehen und schwören weiterhin auf Vinyl. Alles, was sich ansonsten im HiFi-Sektor behaupten will, muss auf der Gerätefront das Prädikat „digital“ tragen oder zumindest mit „verdammt nah an der CD“ beworben werden.

Die Neuauflage des legendären über 3 Millionen Mal verkauften Technics SL-1200.

Einige Jahre später stellt Panasonic auch die Produktion des seit 1978 verkauften und mittlerweile legendären DJ-Plattenspielers Technics SL-1200/ SL-1210 MKII ein, der 2010 sogar als das am längsten hergestellte Produkt der Unterhaltungselektronik ins Guinness-Buch der Rekorde einging. Die Geschichte der analogen Schallplatte schien an diesem Punkt endgültig beendet zu sein.

Wir schreiben das Jahr 2017: Musik ist digital und komprimiert überall schnell per Download/Stream verfügbar. Umso mehr verwundert es, dass das meistverkaufte Audiogerät im Weihnachtsgeschäft 2015 bei Amazon ein Plattenspieler war („Jensen JTA-230 3-Speed“ für umgerechnet etwa 50 Euro). Zum 50-jährigen Firmenjubiläum kündigt Panasonic sogar eine Neuauflage seines Technics-Klassikers an. Während CD-Abteilungen in Kaufhäusern und Elektromärkten immer weiter schrumpfen, taucht stattdessen wieder Vinyl in teilweise sehr hochwertigen Pressungen auf. Die über 100 Jahre alte Erfindung von Emil Berliner ist wieder auf dem Vormarsch. Allein in Deutschland wurden 2015 über 50 Millionen Euro Umsatz mit Schallplatten generiert. Der messtechnisch nicht perfekte, aber individuelle Vinylsound erlebt ein Revival.

Wer sich heute nach einem neuen Plattenspieler umsieht, wird leider feststellen, dass die Preise für hochwertige Geräte alles andere als günstig sind. Schnäppchen im zweistelligen Eurobereich sind zwar zu finden, von ihnen kann man aber nur abraten. Bei genauem Betrachten dieser Billigstkonstruktionen erkennt man schnell, dass fast jedes 30 Jahre alte Mittelklassegerät den modernen Plastikbombern überlegen ist. Die USB-Schnittstelle am Billig-Plattenspieler ist zwar praktisch, aber für eine Digitalisierung nicht zwingend notwendig. In Verbindung mit einem älteren Verstärker (alternativ auch nur Phonoentzerrer, siehe Artikel „RIAA-Entzerrervorverstärker“ ab Seite 118 oder einem DJ-Mischpult) und einem handelsüblichen PC mit Line-Eingang (onboard, Soundkarte oder externer Adapter) ist jeder Plattenspieler dazu geeignet. Bessere Ergebnisse entschädigen für den etwas höheren technischen Aufwand.