Make Magazin 4/2017
S. 38
Community-Projekte

Zahleneingabe wie anno dazumal

Zahlen schnell auf dem Nummernblock eingeben kann jeder. Dieselpunker und andere Nostalgiker können aber auch zur Telefonwählscheibe greifen und dabei sogar zusehen, wie die Zahlen durchrattern.

Bilder: Anton Meyer

Zahleneingabe am Computer über eine Wählscheibe – möglich macht das ein Entwurf des Nutzers Anton Meyer, den er auf GitHub veröffentlicht hat: Er verbindet eine Wählscheibe mit einem Arduino und sendet die Zahlen dann per USB an den Computer. Der Arduino zählt dazu einfach die Impulse, die von der Wählscheibe generiert werden, während sie nach dem Verdrehen auf die gewünschte Zahl zurückrotiert. Für die, die nur Tastentelefone kennen: Je größer die Zahl ist, desto weiter muss die Wählscheibe mit dem Finger verdreht werden und erzeugt dann bei der automatischen Rückstellung mehr Impulse.

In der Wählscheibe steckt nun ein Arduino.
Die eingegebenen Zahlen können etwa in Excel ausgegeben werden.
Die Scheibe kann auch die Fernsehtastatur ersetzen.

Der Arduino agiert als Human Interface Device (HID) am USB-Port und wird somit als normales Eingabegerät erkannt – die Wählscheibe wird wie eine gewöhnliche Tastatur behandelt. Als besonderer Clou wird nicht einfach nur die gewählte Zahl gesendet, sondern eine Folge aller durchlaufenden Zahlen bis zur eigentlich gewählten. Dreht man die Scheibe beispielsweise auf 4, erscheinen nacheinander die Zahlen 1, 2, 3 und dann erst 4. Dazu sendet der Controller jede Zahl, wartet 5 Millisekunden und sendet dann ein <Backspace>, um die vorherige Zahl zu löschen und die nächste zu senden. Durch die 100 Millisekunden, die ein Impuls mit High und Low dauert, ergibt sich dazu ein optisch reizvoller Verzögerungseffekt. Schon früher gab es ähnliche Geräte, die aber meistens bei DIN- und PS/2-Kabeln zwischen Tastatur und Computer geschaltet wurden. Barcodescanner konnten so genutzt werden, um gelesene Zahlencodes zu senden, als ob sie vom Benutzer auf der Tastatur eingegeben worden wären.

Mit der Wählscheibe können außer der Excelauswertung auch andere Geräte oder Programme bedient werden. Wählt man im IP-Telefonie-Dienst Skype dann eine Nummer an, kommt die Scheibe ihrer ursprünglichen Funktion schon wieder näher. fls

Upgrades für den Rollstuhl

Individuelle Anpassung an den Nutzer oder die Nutzerin ist bei Rollstühlen eigentlich Standard. Trotzdem gibt es noch viel Raum für eigene Hacks, wie das Projekt „Made for my Wheelchair“ zeigt.

Auf der Berliner Maker Faire fiel im Oktober 2016 mit einem Hackathon der Startschuss für „Made for my Wheelchair“. Hier trafen Rollstuhlfahrer auf Techniker und Designer, um gemeinsam, aber nutzerzentriert Ideen für Add-ons zu sammeln, die das Leben mit dem Rollstuhl einfacher machen. Später, so das Ziel des Vereins be able, sollten die Entwicklungen als Open-Source-Anleitungen veröffentlicht werden. Darauf folgend wurden die Projekte in mehreren Workshops ausprobiert und überarbeitet, während das Fablab Berlin jeweils die Herstellung der Prototypen übernahm.

Verschiedene Leucht-Entwürfe mit Neopixel-Ringen und einem Arduino Lilypad
An Mini-Rollstühlen aus dem 3D-Drucker wurden die Add-On-Ideen ausprobiert.
Trägt auch Menschen: der neuentwickelte Anhänger

Als inhaltliche Schwerpunkte wurden nach der Ideenfindung Transport und Stauraum, Fahren im Schnee und Beleuchtung ausgewählt, um mehr Sicherheit und Mobilität bei schwierigen Verkehrsverhältnissen zu ermöglichen. Zu den getesteten Produkten zählten unter anderem Schneeketten, LED-Leuchten und Anhänger. Da die fertigen Anleitungen mit möglichst geringem finanziellen und zeitlichen Aufwand umgesetzt und angepasst werden sollen, setzten sich schließlich die Beleuchtung und der Anhänger bei den Projektteilnehmern durch. Basierend auf Adafruits Neopixel-Ring und dem Mikrocontroller Trinket lässt sich die LED-Leuchte individuell programmieren und erweitern. Mit dem Anhänger am Rollstuhl wird es einfacher, eine Begleitung oder schwere, unhandliche Dinge zu transportieren. Die Nachbauanleitungen werden im September veröffentlicht, wenn die Förderung des Projekts durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung endet.

Am 5. Oktober haben Rollstuhlfahrer dann die Möglichkeit, auf der Rehacare Düsseldorf selbst Hand anzulegen und sich Accessoires zu bauen. In verschiedenen Workshops geht es um den Bau und die Programmierung des LED-Sets, das Basteln von Reflektoren aus Klebefolie und den Bau des Anhängers in Zusammenarbeit mit dem Fablab Berlin. hch

Auto aufladen mit Stil – an der Tanksäule

Statt grauer, minimalistischer Ladesäulen setzt Roland Klose beim Laden von Elektroautos auf Retro-Hardware. Er baut alte Benzinsäulen zu funktionierenden, Raspi-basierten Ladestationen um.

Säule, Schlauch, Ventil – auf den ersten Blick sehen die Ladestationen des Niedersachsen Roland Klose aus wie normale Zapfsäulen an der Tankstelle, die höchstens etwas älter sind. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass hier mit einer kWh-Anzeige und „Pure Energie“ keine herkömmlichen Kraftstoffe mehr zu beziehen sind. Außerdem gibt es statt Schläuchen zwei Kabel mit Mennekes-Steckern, die an den Seiten aufgehängt sind sowie verschiedene Steckdosen.

Vor dem Optokoppler saß hier früher eine Drehscheibe als mechanischer Impulsgeber.
Der Aufbau aus Raspi, Impulsgeber und Anzeige mit Rechenwerk
Bis ins Detail umgebaut: Selbst die Bedienhinweise sind neu. Bilder: Roland Klose

Zwei Säulen aus den 80er-Jahren hat Roland Klose zusammen mit einem Bekannten in den letzten Jahren funktionell umgebaut. Im oberen Teil der Tanksäulen ist neben der Verbrauchsanzeige das Rechenwerk untergebracht, welche beim Umbau jeweils erhalten bleiben sollen und nur angepasst werden. Die Pumpen im unteren Bereich müssen wie die Tankschläuche der Steuerelektronik beziehungsweise Kabeln weichen.

Die Ansteuerung des Rechenwerks übernimmt bei Kloses erster Säule nun ein Raspberry Pi. Er bekommt die aktuellen Verbrauchswerte von einem Easymeter-Stromzähler. Statt eines Durchflusszählers gibt der Raspi die Werte über einen Vierfach-Optokoppler als Impulsgeber an das Rechenwerk weiter. Dieses wiederum zeigt nun auf dem Display den Verbrauch und die entstandenen Kosten an. Außerdem steuert der Pi die Schütze, die im unteren Teil einziehen und aus einem Pumpenraum einen Schaltschrank machen. Für die Ladetechnik setzt Klose auf das Arduino-basierte Projekt für Elektrofahrzeuge OpenEVSE. Hard- und Software sind dabei Open Source.

Bei seiner zweiten Säule, einem Modell von Gilbarco, war zunächst vor allem Reinigung und Aufarbeitung nötig. Bei der Steuerung wird ebenfalls ein Raspberry Pi eingesetzt, der über eine eigens gebaute Treiberplatine neben dem Rechenwerk auch zwei Status-LEDs in den Schaugläsern anspricht. Anders als festinstallierte Zapfsäulen an Tankstellen sind die Ladestationen mobil gebaut und regelmäßig auf Veranstaltungen zum Thema E-Mobilität zu sehen. Der nächste Termin ist am 16. September 2017 in Dille (Bruchhausen-Vilsen/NDS). hch