Make Magazin 4/2017
S. 26
MagicMirror
Aufmacherbild

Spieglein, Spieglein an der Wand …

… wie laufen die Aktien/Fußballspiele/Wettervorhersagen im ganzen Land? Solche und ähnliche Fragen beantwortet Ihnen der Zauberspiegel, auch wenn Sie nicht Stiefmutter einer mit übermäßiger Schönheit geplagten Königstochter sein sollten.

Ob er nun im Badezimmer, Flur oder Schlafzimmer hängt: Kaum jemand kann an einem Spiegel vorbeigehen, ohne hineinzuschauen. Und wenn dann hinter Ihrem Spiegelbild auch noch wie von Zauberhand eine persönliche Begrüßung, Ihre nächsten Termine, die Wettervorhersage oder Nachrichten erscheinen, dann steigt nicht nur das Interesse an diesem Zauberspiegel, sondern auch die Anerkennung für seinen Besitzer und Erbauer. Also los, kommen Sie mit ins Land vor den sieben Bergen und schaffen Sie sich Ihren Wunder-Reflektor. Mit ein wenig Holzbearbeitung, viel Kreativität und etwas Elektronik hängen Sie sich schnell so einen Hingucker an die Wand und gelten als Klügste(r) im ganzen Land.

Natürlich hat das alles nicht wirklich etwas mit Magie zu tun: Hinter dem (halbdurchsichtigen) Zauberspiegel sitzt ein Computermonitor nebst einem Raspberry Pi 3 und einer Kamera. Alles, was hinter dem Spiegel Licht abgibt, kann von außen innerhalb des normalen Spiegelbilds gesehen werden, also auch alles, was der Monitor anzeigt. Der Rest des Inhalts ist abgedunkelt und somit unsichtbar.

Da solche Spiegelgläser jedoch recht teuer sind, habe ich einige Experimente angestellt, um das zum Nachbau beste Ergebnis bei verträglichem finanziellen Aufwand herauszufinden. Echte Spionspiegelgläser lassen entweder zu wenig Licht von hinten durch oder sind zu transparent. Dann erkennt man das Innenleben und die ganze Überraschung und Magie ist futsch. Das beste Ergebnis gibt erstaunlicherweise selbstklebende Spiegelfolie mit einer Lichtdurchlässigkeit von 25 bis 30 Prozent. Solche Folie gibt es übrigens mehrmals im Jahr als Sonderangebot unter dem Namen „Powerfix Gebäudefensterfolie“ bei Lidl für unter 10 Euro. Eine dieser Packungen reicht für 4 Spiegel der hier gewählten Größe. Auch bei ebay wird man schnell fündig. Achten Sie dabei aber auf die Lichtdurchlässigkeit!

Als Gehäuse für den Spiegel hatte ich ursprünglich an einen Ikea-Bilderrahmen („Ribba“) mit den Maßen 50 mal 50 cm und etwa 5 cm Tiefe gedacht. Leider jedoch erwies sich der Hohlraum hinter dem Glas als etwa 1 cm zu flach. Der Monitor hatte nicht genug Platz. Als Glasscheiben-Spender ist der Rahmen jedoch ideal. (Leider hat das schwedische Möbelhaus diesen Rahmen inzwischen auf dünneres Plexiglas umgestellt. Geht auch, ist aber leider etwas „schwabbelig“. Deshalb verzerrt das Spiegelbild etwas, weil der Spiegel nicht plan liegt.) Also musste ich nur noch den Baumarkt meines Vertrauens nach geeigneten Leisten und einer Rückenplatte für einen Rahmen-Eigenbau durchsuchen. Glatte Kieferleisten mit 8 cm Höhe und 2 cm Breite in 2 m Länge erschienen mir ideal. Für den Rücken wurde es eine Siebdruckplatte mit 49 × 49 cm in 12 mm Stärke, weil die sehr stabil und bereits dunkel ist. Das spart später Arbeit.

Die Wahl des richtigen Monitors

Die Frage nach einem geeigneten Monitor wird in erster Linie davon bestimmt, was sich problemlos mit dem HDMI-Anschluss eines Raspberry Pi 3 verbinden lässt. Die Wahl fiel auf einen Monitor vom Typ „HANNS-G HL205DPB“. Dieser 20,5-Zoll-Bildschirm passt gut hinter das Glas, braucht wenig Strom (20 Watt) und kostet noch nicht mal 100 Euro.

Betrachten Sie das aber nur als Anregung: Selbstverständlich können Sie den Spiegel nach eigenem Geschmack in nahezu beliebigen Maßen anfertigen. Auch beim Monitor ist dieses Gerät kein Muss. Haben Sie zum Beispiel noch ein altes Gerät mit VGA-Anschluss, kann man oft auch damit einen Zauberspiegel bauen. Sie sollten den Bildschirm aber vor dem Sägen und Bohren erst einmal zusammen mit dem Raspberry und einem VGA-HDMI-Adapter ausprobieren. Denn nicht jede Kombination bringt ein Bild zustande. (Eine Empfehlung für einen geeigneten Adapter kann ich hier leider nicht geben, denn er muss sich sowohl mit dem Monitor als auch mit dem Raspberry „verstehen“.) Haben Sie die geeigneten Geräte gefunden, legen Sie sie am besten einmal auf einem Tisch flach aus. So können Sie schnell herausfinden, wie groß der Spiegel innen mindestens sein muss. Wichtig: Über dem Monitor muss noch etwa 5 cm Freiraum für die Kamera sein. Die wird gebraucht, da der Zauberspiegel selbst erkennen soll, wer vor ihm steht.

Der Zauberspiegel basiert auf dem Software-Paket „MagicMirror“ (Internetadresse siehe Link unter den Kurzinfos). Diese Software ist modular aufgebaut. Bausteine für Wettervorhersagen, Uhr, Termine und Nachrichten werden bereits mitgeliefert, etliche andere sind zusätzlich verfügbar. Allerdings sind diese Module meist für den englischsprachigen Raum gedacht. Daher habe ich die Module umkonfiguriert, so dass nun deutschsprachige Nachrichten und dementsprechende Wettervorhersagen und so weiter angezeigt werden. Die Installation der Software erwies sich alles andere als kinderleicht. So musste ich meinem Raspberry erst einmal ein Firmware-Update zukommen lassen (mit dem Befehl: sudo rpi-update).

Da ich außerdem gleich alle mir interessant erscheinenden Module mit ins Image packen wollte, musste auch das für die Gesichterkennung erforderliche Paket „opencv“ nebst den Zusatzmodulen „opencv_contrib“ installiert werden. Da gab es einiges zu knacken, bis sich alles miteinander vertrug und verständigen konnte. Das Ganze gibt es als komplette Image-Datei zum Download (siehe Link). Dadurch müssen Sie nicht alle notwendigen Software-Bestandteile selbst installieren und kompilieren, wodurch Ihnen so mancher vergifteter Apfel erspart bleibt.

In den nächsten Make-Ausgaben erfahren Sie dann, wie Sie die Gesichterkennung in Betrieb nehmen und weitere Module hinzufügen und einstellen können. Damit genug der Vorrede: Nun geht’s zur Tat.