MIT Technology Review 11/2016
S. 50
Horizonte
Energie

Der Hacker des Stromnetzes

IT-Unternehmer Bernd Reifenhäuser will unser Elektrizitätsnetz umkrempeln. Analog zum Internet sollen dabei kleine Strompakete selbstständig ihren Weg durch die Leitungen finden.

Nichts ist beruhigender als das Patent auf eine Idee, deren Zeit noch kommen wird. Das könnte das Motto von Bernd Reifenhäuser sein. Sein Doktorvater sei nämlich knapp an einem Nobelpreis vorbeigeschrammt, weil er eine Idee nicht weiterverfolgte, erzählt Reifenhäuser. Welche das war, will er nicht verraten. Aber seinerzeit habe er sich geschworen, dass ihm das nicht passieren wird, sollte ihn ein wirklicher Geistesblitz treffen. Inzwischen hält Reifenhäuser für seine Idee des Quantum Grids Patente in den USA, China und der EU.

Foto: GIP

Der Zeitpunkt könnte kaum besser passen. Denn das Quantum Grid soll ein zentrales Problem der Energiewende lösen. Weil die Erzeugung von Windenergie und Solarstrom schwankt, muss auch das Netzmanagement deutlich flexibler werden, um die Gefahr weitreichender Stromausfälle zu bannen. Genau dies soll das Quantennetz liefern. Darin fließt der Strom nicht mehr kontinuierlich wie Wasser durch die Leitungen mit dem geringsten Widerstand. Im Quantum Grid wird Strom ähnlich den Quanten in der Quantenmechanik als einzelne Pakete oder Teilchen verbreitet – ganz so wie Datenpakete im Internet. Verbraucher könnten die kleinen Strompakete je nach Bedarf von einem Stromerzeuger anfordern. Anschließend bahnen sie sich selbstorganisiert den günstigsten Weg durch die Leitungen. Auf digitalen Labeln sind Erzeuger und Verbraucher vermerkt, um abrechnen zu können. Die Idee könnte sich tatsächlich als revolutionär herausstellen. Dabei ist sie nur konsequent. Nach dem Internet der Daten und dem Internet der Dinge könnte also das Internet der Energie kommen.