MIT Technology Review 11/2016
S. 85
Meinung

MEDIZIN

Abschied von der wissenschaftlichen Grauzone

Künftig sollen in den USA keine Untersuchungsergebnisse mehr unter den Tisch fallen. Mediziner wie beteiligte Pharmaunternehmen müssen ab Anfang des nächsten Jahres die Ergebnisse aller angemeldeten klinischen Studien, in denen neue Medikamente oder Behandlungsmethoden mit Patientenbeteiligung getestet werden, ausnahmslos dokumentieren. Das gilt vor allem auch dann, wenn die Studien aufgrund unerwünschter Nebenwirkungen vorzeitig abgebrochen werden. Derzeit sind zum Beispiel im nationalen US-Register ClinicalTrials.gov 224000 Studien gemeldet, aber nur zu 23000 Untersuchungen liegen Ergebnisse vor. Das wollen die zuständigen Institutionen – neben dem Department of Health and Human Services auf Regierungsseite auch die Food and Drug Administration als Zulassungsbehörde – unter der Androhung von Bußgeldern ändern. Gut so. Sowohl für Patienten als auch die medizinische Forschung schließt sich eine große Lücke in der Sicherheitsbeurteilung von Arzneimitteln.

In der EU ist eine derartige Regelung gemäß der im April 2014 verabschiedeten Clinical Trials Regulation bereits in Kraft, in Deutschland sogar seit 2011. Wenn nun die USA als einer der wichtigsten Pharmamärkte weltweit dazustoßen, dürfte die Fülle an Informationen über Nebenwirkungen oder gar unwirksame Therapien deutlich wachsen. Sonst kann es sein, dass weder die Kollegen noch die interessierte Öffentlichkeit erfahren, wenn sich Medikamente oder Behandlungsansätze als Irrläufer erwiesen haben.