MIT Technology Review 11/2016
S. 90
Karriere
Ausbildung

Was macht ein Biostatistiker?

Biostatistiker arbeiten in der Pharmaindustrie, in medizinischen oder biologischen Forschungseinrichtungen. Ohne sie wären die modernen Lebenswissenschaften nahezu undenkbar.

Jeder dritte Mensch entwickelt im Laufe seines Lebens eine von rund 200 verschiedenen Krebserkrankungen. Am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg versucht man deshalb Mittel und Wege zu finden, um Krebs erfolgreich behandeln zu können oder ihn durch Vorbeugung besser gleich zu verhindern. Der Schlüssel dazu liegt in der Auswertung gigantischer Datenmengen.

Biostatistiker Bernd Fischer bei der Arbeit mit einer Kollegin. Foto: Jutta Jung/ Deutsches Krebsforschungszentrum

Das machen Biostatistiker wie Bernd Fischer, 39. Im Informatikstudium hatte Fischer erstmals mit Mustererkennung zu tun. Später, in seiner Dissertation, identifizierte er Proteinsequenzen und ging der Frage nach, welche Proteine in welchen Mengen in einer Zelle vorkommen. Nach seiner Promotion ging Fischer ans Europäische Labor für Molekularbiologie in Heidelberg und entwickelte dort Methoden, um hochdimensionale Proben auszuwerten. Die bestehen aus sehr vielen Messungen in einem Experiment. Das war Fischers Einstieg in die Biostatistik.

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Seit zwei Jahren ist er am Deutschen Krebsforschungszentrum und leitet dort die Nachwuchsgruppe Rechnergestützte Genombiologie. „Das Schreiben von Software zur Datenauswertung ist der größte Teil meiner Arbeit“, sagt Fischer. Aktuell geht er der Frage nach, ob Gene einander beeinflussen. Dazu werden Experimente unter gut 100000 unterschiedlichen Bedingungen durchgeführt und unter jeder gemessen, wie schnell Zellen wachsen. Dafür werden die Zellen fotografiert, mit einer Software gezählt und nach Farbe, Form und Größe sortiert. „Wenn man verstanden hat, ob überhaupt und welche Gene Einfluss auf das Zellwachstum haben, kann man Medikamente entwickeln, die den Effekt der Genveränderung rückgängig machen oder außer Kraft setzen“, sagt Fischer.

Biostatistiker haben meistens Statistik, Mathematik oder Informatik studiert und sich dann in Biologie und Medizin weitergebildet. In München, Dortmund und Bremen gibt es Masterstudiengänge in Biostatistik. Biostatistiker müssen interdisziplinär arbeiten können. Denn die größte Herausforderung ist die Verständigung mit den Anwendern – den Medizinern, Biologen und Chemikern. „Ich erlebe oft, dass Anfänger einen erfahrenen Biostatistiker als Dolmetscher brauchen, weil jede Disziplin seine eigene Fachsprache hat“, sagt Annette Kopp-Schneider, Leiterin der Abteilung Biostatistik.

Das Einstiegsgehalt im öffentlichen Dienst liegt bei rund 4000 Euro monatlich. Allerdings sind die Verträge meist befristet. „Wenn unsere Mitarbeiter an diese Grenze kommen, werden sie mit Kusshand von der Pharmaindustrie genommen und verdienen dort deutlich mehr Geld“, sagt Kopp-Schneider. Die Berufsaussichten von Biostatistikern nennt sie gigantisch. Peter Ilg

STUDIUM

Neuer Fernstudiengang in Elektrotechnik

Die Verlagsgruppe Springer bietet zum Wintersemester 2016/17 einen neuen Fernstudiengang mit Bachelor-Abschluss in Elektrotechnik an. Kooperationspartner sind die Fachbereiche Elektrotechnik und Technische Informatik der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Das Studium dauert viereinhalb Jahre und ist in Präsenzphasen und E-Learning unterteilt. Schwerpunkte sind Automatisierungstechnik und industrielle Kommunikationstechnik. Zielgruppe sind vor allem Berufstätige, die nebenher studieren und an ihrer Karriere arbeiten wollen. Zulassungsvoraussetzungen sind Fachhochschul- oder allgemeine Hochschulreife oder mittlere Reife plus abgeschlossene Berufsausbildung und mindestens drei Jahre Berufserfahrung in der Elektrotechnik. Der Studiengang ist in 31 Module untergliedert. Zusätzlich finden insgesamt fünf einwöchige Präsenzkurse an der Hochschule statt, in denen spezielle Methoden der Elektrotechnik sowie wissenschaftliches Arbeiten vermittelt werden. Der Zeitaufwand beträgt etwa 15 Stunden pro Woche. Die Bewerbungsphase läuft schon. Peter Ilg

Incentives

Dienstwagen verliert an Attraktivität

Noch ist der Firmenwagen für viele Menschen das Sinnbild für Einfluss und Ausdruck für die Wertschätzung des Arbeitgebers für seinen Mitarbeiter. Doch das ändert sich gerade. „Die Bedeutung des Firmenwagens nimmt ab“, sagt die Hamburger Karriereberaterin Svenja Hofert. „Die jüngere Generation verzichtet gern auf das Statussymbol Auto, zeigt sich lieber ökologisch bewusst und fährt mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit.“

Viele Firmen haben sich darauf eingestellt und bieten ihren Mitarbeitern Diensträder an, darunter Bayer, die Telekom und die Allianz. Denn seit 2012 gilt das Dienstwagenprivileg auch für sie. Das lohnt sich, weil die Wahl häufig auf teure E-Bikes fällt, die leicht 5000 Euro oder mehr kosten. Bei Lesson Nine, einer jungen Firma aus Berlin, die eine App für interaktive Sprachkurse anbietet, bekommt jeder Mitarbeiter auf Wunsch ein kostenloses Fahrrad, das auf Firmenkosten gewartet wird und auch privat genutzt werden darf.

Genau wie beim Firmenwagen muss allerdings auch das Firmenfahrrad oder -E-Bike vom Arbeitnehmer als geldwerter Vorteil versteuert werden. Dabei wird ein Prozent des Brutto-Listenpreises fiktiv zum Bruttolohn addiert und so die Lohnsteuer berechnet, die dann vom tatsächlichen Bruttolohn abgezogen wird.

Das Dienstwagenprivileg gilt allerdings nur in der freien Wirtschaft. Beamte kommen nicht in den Genuss der Entgeltumwandlung. Peter Ilg

ARBEITSMARKT

Chemische Industrie im Aufwind

Von 2010 bis 2015 ist die Zahl der Beschäftigten in der chemischen Industrie um 20000 Stellen gestiegen. Die Zunahme hängt vor allem mit der Fachkräftesicherung durch die Firmen vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung zusammen, meldet der Verband der Chemischen Industrie.

Seit 1993 nahmen die Beschäftigtenzahlen kontinuierlich ab. 1993 hatte die chemische Industrie noch knapp über eine halbe Million Mitarbeiter. Heute sind es noch rund 330000. In den vergangenen 22 Jahren sind etwa 170000 Stellen abgebaut worden. Als Gründe für den Arbeitsplatzabbau Anfang der 1990er-Jahre nennt der Verband Werksschließungen in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung und das Outsourcing von zum Teil beschäftigungsintensiven Bereichen aus den Unternehmen wie IT, Logistik, Reinigung. Im Jahr 2009 fand ein krisenbedingter Personalabbau statt. Peter Ilg