MIT Technology Review 12/2016
S. 78
TR Mondo

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Technology Review ist mit Autoren weltweit vertreten. Auf den folgenden Seiten berichten sie über die spannendsten Entwicklungen in ihren Ländern.

AUSTRALIEN

Tomatenfarm in der Wüste

Tomatenproduktion im großen Stil dank Solarenergie und Meerwasser. Foto: Sundrop Farms

Gemüse in der Wüste anzubauen, hört sich nach einer seltsamen Idee an. Das Unternehmen Sundrop Farms hat sie trotzdem realisiert – in der trockenen Region bei Port Augusta an der Südküste Australiens. Herkömmlicher Gartenbau kommt dort überhaupt nicht infrage: zu wenig Wasser, schlechtes Weideland und dazu ein unerbittliches Klima.

Der Herausforderung, an diesem unwirtlichen Ort nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben, stellte sich die australische Firma in Etappen. Zunächst ging 2010 eine kleine Testanlage in Betrieb, an der Wissenschaftler mitarbeiteten, um das Know-how für das Projekt weiterzuentwickeln. Vor zwei Jahren begann schließlich der Bau der rund 20 Hektar großen Gewächshausanlage am Spencer Golf. In diesem Jahr fertiggestellt, soll die Farm künftig 17000 Tonnen Tomaten jährlich produzieren. Die ersten Exemplare sind bereits im Supermarkt erhältlich.

Möglich macht dies eine eigens entwickelte Technik: Die Tomatenfarm verwendet Solarenergie, um das aus dem fünf Kilometer entfernten Meer durch eine Pipeline zugeführte Seewasser zu entsalzen. Dazu projizieren 23000 verstellbare Spiegel die Sonnenstrahlen auf einen 115 Meter hohen Turm, in dem Wasser verdampft wird. Der Dampf beheizt zum einen die Gewächshäuser und treibt zum anderen einen Generator an. Damit lassen sich bei Sonnenschein bis zu 39 Megawatt Strom am Tag erzeugen. Die Energie wiederum wird genutzt, um das Meerwasser heranzupumpen und das Frischwasser für die Gemüsezucht bereitzustellen. 85 Prozent der übers Jahr benötigten Energie kann die Anlage selbst erwirtschaften.

In Hydrokultur und Nährlösung gezogen: die Tomaten von Sundrop Farms. Foto: Aalborg CSP

Um die natürlichen Ressourcen zu schonen, werden die Tomaten in den Gewächshäusern nicht in der vorhandenen, ausgelaugten Erde kultiviert. Sie werden vielmehr in einer Hydrokultur aus Kokosfasern gezogen und mit Nährstofflösung versorgt. Auch auf Pestizide wird verzichtet. Im Kampf gegen Schädlinge hat sich wiederum Meerwasser bewährt. Werden die Filteranlagen der Gewächshäuser damit benetzt, reinigt und sterilisiert das verdampfende Wasser die Luft. Genügt das nicht, werden zum Schutz der 180000 Tomatenpflanzen gegen Ungeziefer auch Insekten wie Marienkäfer eingesetzt.

Rund 200 Millionen Dollar hat die Anlage gekostet. Doch dem deutschstämmigen Geschäftsführer Philipp Saumweber zufolge geht die Rechnung trotzdem auf: Konventionelle Gewächshäuser seien viel teurer im Unterhalt. Sundrop Farms plant, höchstens bei Energiemangel im Winter auf das Stromnetz zurückzugreifen. Langfristig hoffen die Betreiber sogar, von fossilen Brennstoffen vollkommen unabhängig zu werden. Sundrop Farms plant nun ähnliche Anlagen in der portugiesischen Kleinstadt Odemira und in Tennessee.

INGE WÜNNENBERG