MIT Technology Review 12/2016
S. 82
TR Mondo

SÜDAFRIKA

Mobiles DNA-Labor zum Schutz gegen Wilderei

Forensiker vom Krüger-Nationalpark in Südafrika untersuchen zwei von Kriminellen getötete Nashörner auf Spuren. Foto: Kate Brooks/ Redux/Llaif

Ein kleines Gerät revolutioniert die Forensik. Der von der britischen Biotech-Firma Oxford Nanopore Technologies produzierte DNA-Sequenzierer „MinION“ misst gerade einmal 10 mal 2,5 Zentimeter, wiegt nur 87 Gramm und kostet nicht mehr als 1000 Dollar (siehe TR 5/2016, S. 24). Trotzdem kann er fast so viel wie ein komplettes Labor. So sequenziert er den DNA-Code eines Blutflecks in nur einer Stunde. Deshalb könnte er zu einer neuen Waffe im Kampf gegen das Verbrechen werden.

Tierschützer wie Jon Wetton, Co-Direktor der Abteilung für forensische Genomik an der Universität von Leicester in Großbritannien, wollen damit Wilderern und Schmugglern in Afrika das Handwerk legen: „Die Schlüsselfrage ist, wie man die Spezies identifiziert, von der man ein biologisches Beweisstück hat“, sagt Wetton. Blut am Messer eines Verdächtigen könnte von einem Elefanten oder einem Nashorn stammen, Fleisch auf einem Markt von einer geschützten Art wie Gorillas – und filetierter Fisch am Hafen könnte auf einen Verstoß gegen die Fangquoten hinweisen.

Der Brite will das Gerät nun in der Praxis einsetzen: „Unser Ziel ist es zu zeigen, dass der MinION DNA-Sequenzen auslesen kann, welche die forensischen Spuren zuverlässig mit einer Tierart verbinden.“ Beginnen will Wetton mit Elefanten, Nashörnern und Tigern. Dafür sollen der Gerätehersteller, die kenianischen Nationalparks und die Raubkatzen-Schutzorganisation Panthera zusammenarbeiten.

Der Forensiker sieht in den kenianischen Wildhütern ideale Partner, weil sie Erfahrung darin haben, DNA-Beweise in der Strafverfolgung von Wilderern einzusetzen. „Doch zurzeit müssen sie ausländische Labors mit den DNA-Tests beauftragen, weil sie nicht über die notwendigen Geräte verfügen“, sagt Wetton. Dies verringere die Chance auf eine Verurteilung. So könnten auf Kaution freigelassene Wilderer fliehen, oder das Material könnte während des Transports verunreinigt werden. Das erleichtere es Strafverteidigern, die Befunde anzuzweifeln.

Mit dem MinION können die Behörden laut Wetton Beweismaterial nicht nur einer bestimmten Art zuordnen, sondern sogar einem konkreten Tier. So ließe sich zum Beispiel beweisen, dass beschlagnahmtes Nashornpulver von einem bestimmten getötet aufgefundenen Nashorn stammt.

Dazu sind allerdings internationale Datenbanken nötig. In Südafrika sammelt RhODIS („Rhino DNA Indexing System“) seit 2010 DNA-Daten von Nashörnern, die Opfer von Wilderern wurden. Cindy Harper, für RhODIS zuständige Direktorin des Veterinär-Genetischen Labors an der Universität von Pretoria, kann schon auf juristische Erfolge verweisen: „Unser System ist bereits von Gerichten in Großbritannien, Namibia und Südafrika verwendet worden und hat zu Verurteilungen geführt.“

ROMAN GOERGEN

GROSSBRITANNIEN

Ein Windpark unter Wasser

Kompakter als Windräder: Turbine für das Gezeitenkraftwerk MeyGen. Foto: EMEC

Die Gewässer zwischen der zerklüfteten schottischen Küste und den Orkney-Inseln sind bekannt für ihre starke Tide. Nun wird das Land einen Nutzen daraus ziehen. Denn in der Gegend von Pentland Firth entsteht mit MeyGen das weltweit größte Gezeitenkraftwerk dieser Art. Seit 1966 gibt es schon eine Anlage in Frankreich. Sie liegt in der Mündung der Rance und besitzt eine Kapazität von 240 MW. Doch für dieses Kraftwerk musste genauso wie für die Anlage im südkoreanischen Sihwaho (254 MW) extra ein Damm gebaut werden.

Das ist bei dem schottischen Projekt MeyGen nicht vonnöten. Hier werden die Fundamente und die Turbinen an Land gefertigt, um dann in 30 Metern Tiefe im Boden verankert zu werden. Mit der Installation der ersten vier von insgesamt 269 Turbinen wurde jetzt begonnen. Jede Turbine der Hersteller Atlantis Operations und Andritz Hydro Hammerfest wiegt 200 Tonnen, hat einen Rotordurchmesser von 18 Metern und leistet 1,5 Megawatt. Dabei ist die Gondel um 360 Grad drehbar und kann sich beim Wechsel der Gezeiten neu ausrichten.

Wenn in den 2020er-Jahren sämtliche geplanten Turbinen laufen, werden sie gemeinsam rund 400 Megawatt liefern – genug für 175000 Haushalte. Die schottische Regierung unterstützt das Projekt mit rund 25,6 Millionen Euro, in das zum Beispiel Atlantis Resources aus Edinburgh als Anteilseigner von 85 Prozent mehr als 580 Millionen Euro investieren will.

Ausgewählt wurde der Standort wegen der besonders starken Gezeiten, die zu einer Strömung von bis zu fünf Metern pro Sekunde führen. Dadurch können Gezeitenkraftwerke vom Wetter unabhängig eine exakt berechenbare Menge Strom liefern. Allerdings sind die technischen Anforderungen an solche Projekte enorm: Die Materialien müssen dauerhaft der starken Strömung und der Aggressivität des Meerwassers standhalten. Außerdem sind das Verlegen von Seekabeln und der Anschluss an das Stromnetz teuer. Neben der Installation der Turbinen unter Wasser ist schließlich auch die Instandhaltung aufwendig.

Die ersten fünf Jahre sollen die Turbinen den Herstellern zufolge jedoch keine Wartung benötigen. Dann aber müsste ein Serviceschiff kommen. Sollten am Ende jedoch alle 269 Turbinen stehen, würde sich ein eigenes Schiff lohnen: Dann wäre die Anlage auch kostenmäßig konkurrenzfähig mit Offshore-Windfarmen.

Bisher liefern die Windparks im Binnenland und auf See den Großteil der erneuerbaren Energie in Schottland. Insgesamt deckt die regenerative Energie gut 57 Prozent des schottischen Verbrauchs ab; am Ende sollen es hundert Prozent sein.

JAMIE CONDLIFfE