MIT Technology Review 12/2016
S. 16
Aktuell

ENERGIE

Steine speichern Strom

Grafik: SiemensFES

Siemens testet in Hamburg eine neue Stromspeichertechnologie. Sie soll billiger sein als alles, was es bislang gibt. Überschüssiger Windstrom erwärmt dabei einen Steinhaufen per Heizgebläse auf 600 Grad. Bei Strombedarf saugen Lüfter die heiße Luft ab und heizen damit einen Dampfkessel, der wiederum eine Turbine antreibt.

„Weil wir hier mit erprobten thermischen Komponenten und einer seriengefertigten Dampfturbine arbeiten, können wir innerhalb weniger Jahre eine praxistaugliche Lösung anbieten“, sagt Projektleiter Till Barmeier. „Wir peilen im kommerziellen Einsatz einen Speicherpreis von weit unter zehn Cent je Kilowattstunde an, was viel günstiger als alle bekannten Batteriespeicher und anderen Technologien ist.“

Die Testanlage in Hamburg-Bergedorf mit 25 Kubikmetern Gestein erzeugt allerdings noch keinen Strom. „Der Fokus liegt auf der Anordnung der Steine“, erklärt Till Barmeier. Bislang sei eine zeppelinförmige Schüttung am vielversprechendsten. 250 Sensoren zeigten, wie sich die Hitze im Inneren verteilt.

Das Aufladen dauert etwa sechs Stunden. „Die Energie lässt sich bei wirtschaftlicher Isolierung rund eine Woche speichern“, sagt Barmeier. „Der Temperaturverlust beträgt nur rund 15 Grad Celsius.“ Im kommenden Jahr soll auf dem Gelände einer Aluminiumhütte in Hamburg eine Demonstrationsanlage inklusive Rückverstromung mit 2000 Kubikmetern Gestein entstehen – genug für 36 Megawattstunden Strom. An dem Projekt beteiligt sind der städtische Energieversorger Hamburg Energie sowie die Technische Universität Hamburg-Harburg. DANIEL HAUTMANN

MATERIAL

Seide mit Graphen

Seidenspinner-Kultur. Mit dem richtigen Futter ensteht hier Hightech-Material. Foto: geargodz/Fotolia

Seide gilt wegen ihrer Festigkeit als natürlicher Wunderwerkstoff. Yingying Zhang und ihre Kollegen von der Tsinghua University haben nun einen Weg gefunden, die Eigenschaften weiter zu verbessern (DOI: 10.1021/acs.nanolett.6b03597). Dazu fütterten die chinesischen Forscher Seidenspinnerlarven mit Maulbeerblättern, die sie mit Graphen und Carbon-Nanoröhrchen in wässriger Lösung besprüht hatten. Die Larven bauten diese Carbonelemente zumindest teilweise in ihre Seide ein. Dies führt zu einer regelmäßigeren Kristallstruktur der Seidenproteine. Das Ergebnis waren Fasern mit einer 50 Prozent höheren Zugfestigkeit im Vergleich zu natürlicher Seide. Wie die Seidenraupen genau die zugefütterten Carbonmaterialien verarbeiten und welcher Anteil davon ungenutzt in den Exkrementen landet, ist noch offen.

Das Verfahren eröffne „neue Möglichkeiten für die Produktion von hochfesten Seidenfasern in großem Maßstab“, schreiben die Forscher. Mögliche Anwendungen seien etwa Schutzkleidung, biologisch abbaubare medizinische Implantate, aber auch umweltfreundliche tragbare Elektronik. Denn als die Forscher die Seide unter Sauerstoffausschluss bei über 1000 Grad verkohlten, erwiesen sich die Fasern – anders als natürliche Seide – als elektrisch leitfähig. GREGOR HONSEL