Spion gegen Spion
Um Bürger auszuspionieren, nutzen Regierungen zunehmend kommerzielle Hacking-Software. Zu den Käufern gehören nicht nur Diktaturen.
Sie sah sehr verdächtig aus“, sagt die Journalistin Mary May über eine anonyme E-Mail, die sie Ende 2014 erhielt. Versprochen wurden darin exklusive Informationen über einen Regierungsskandal, aber irgendetwas schien nicht zu stimmen. Bald darauf begannen merkwürdige Dinge auf ihrem Computer zu passieren. „Ich weiß noch genau, wie ich mich nicht bei Skype anmelden konnte, um ein Interview über Folter zu geben“, berichtet May. „Es gab angeblich eine Störung, und ich musste mir von jemandem ein Telefon leihen.“
Nachdem sie die an die E-Mail angehängte Datei an Sicherheitsexperten übergeben hatte, erfuhr May, dass sie – wie auch einige ihrer Kollegen – mit einer Software namens Remote Control System (RCS) angegriffen wurde. Das ist eine Spionagesoftware, die von dem kleinen italienischen Unternehmen Hacking Team entwickelt wurde. Später fand sie heraus, dass die Software von ihrer eigenen Regierung gegen sie eingesetzt worden war, die sich vermutlich an ihrer Berichterstattung störte. May ist nicht der richtige Name der Journalistin. Sie wollte sich nur anonym äußern, weil sie weitere Repressalien fürchtet.