Liebe Leserinnen und Leser,
Wenn von der Zukunft des Internets die Rede ist, geht es um Verbindungsprotokolle und Funktechnologien. Es geht um IPv6, 5G und die mobile Revolution. Immer geht es um Technologie. Nie geht es um: Vertrauen.
Dabei wird dieses Gefühl mehr als alles andere die Zukunft des Internets bestimmen. Wer ständig fürchten muss, dass Hacker sein vernetztes Fahrzeug fernsteuern, wird es stehen lassen. Wer nicht glaubt, dass sein Geld im Netz sicher ist, wird niemals online bezahlen. Die Neuerfindung der Banken, über die wir ab Seite 66 berichten, bliebe aus.
Vertrauen reduziert Komplexität, und je komplexer eine Gesellschaft wird, umso wichtiger ist es. Die Beobachtung ist grundsätzlich nicht neu. Aber noch nie war es so schwer wie heute, dieses Vertrauen herzustellen. Denn das Wesen der Digitalisierung ist für den Menschen unsichtbar. Wir sehen zwar den Computer, aber nicht mehr seine Entscheidungsprozesse. Früher gab es nur den physikalischen Schalter und eine einfache Gewissheit: aus war aus. Heute gibt es den Softwareschalter und eine große Frage: Wann ist aus wirklich aus? Kann, wer auf seinem Smartphone die Ortungsdienste abschaltet, wirklich sicher sein, dass sie deaktiviert sind? Kann, wer seine Mails verschlüsselt, wirklich davon ausgehen, dass niemand sie lesen kann?
Wir müssen darauf vertrauen, je weiter die Digitalisierung fortschreitet, desto häufiger. Wenn nun aber Staaten Zugangscodes für verschlüsselte Nachrichten fordern oder gegen Anonymität im Netz vorgehen, graben sie an diesem Fundament. Im berechtigten Streben, das Web unsicher für Kriminelle, Hetzer und Terroristen zu machen, machen sie es auch unsicher für alle Übrigen. Natürlich müssen Ermittlungsbehörden Zugang haben, wenn es ihre Arbeit erfordert. Firmen sollen persönliche Daten nutzen können, wenn mit ihnen ein besseres Produkt möglich ist. Aber beide müssen sich das Vertrauen erarbeiten, dass sie die Informationen nicht missbrauchen. Wie kann das gelingen? Darüber schreiben wir ab Seite 28.
Ich begrüße Sie in unserer Februar-Ausgabe.
Ihr
Robert Thielicke