MIT Technology Review 2/2016
S. 6
Leserbriefe

Leserbriefe

zu „allgemein“

Ende mit der Geheimniskrämerei

Die Vorgänge um die Abgaskontrolle werfen ein beunruhigendes Schlaglicht auf die kurz zuvor demonstrierte Begeisterung zur Digitalisierung des Straßenverkehrs. Dass mit Software allerlei Unfug getrieben werden kann, sollte sich herumgesprochen haben, aber dass dies „seriöse“ Marktführer mit voller Absicht tun, lässt nichts Gutes ahnen. Es wird Zeit für eine staatlich verordnete Open-Source- Verpflichtung. Technik muss für den interessierten Nutzer und unabhängigen Experten nachvollziehbar sein. Es geht nicht an, dass man viel Geld ausgibt für Technik, die nicht dem Käufer, sondern immer mehr dem Verkäufer dient. Ohne Offenlegung keine Marktzulassung, hier müssen dieselben Regeln gelten wie für alle anderen Produkte, die ohne Sicherheits- bzw. Gesundheitsnachweis nicht vermarktet werden können.

Claus Linhart

zu „Fliegen retten Fische“ (11/2015)

Irritierende Grafik

Mit Interesse habe ich Ihren Artikel gelesen. Bei den Grafiken am Ende bin ich dann doch stutzig geworden: Die Aussage „nehmen die Wildfänge ab“ sehe ich nicht so. Seit 20 Jahren scheinen die Wildfänge – von saisonalen Schwankungen abgesehen – weitestgehend konstant zu sein. Den wachsenden Verbrauch komplett über Aquakultur zu decken ist natürlich gut! Was ein viel größerer Hebel zu sein scheint, ist die riesige Differenz zwischen Fang und Verbrauch. Dass Jahr für Jahr ca. 20 Millionen Tonnen mehr Fisch gefangen wird als verbraucht, ist für mich der eigentliche Skandal. Offensichtlich wird die gleiche Menge, die für industrielle Zwecke verwendet wird, ungenutzt zurück ins Meer geschmissen.

Martin Künstle

zu „Das ging doch früher auch ohne“ (technologyreview.de)

Hilflos abhängig

„Natürlich muss man auch ein wenig Zeit und Mühe aufwenden, um die ganzen Optionen eines Computers oder eines Smartphones zu ergründen. Aber das muss man auch, wenn man statt des Rasenmähers eine Sense nutzt, wie Schmidbauer es toll findet. Er wirft den dummen Dingen ja gerade vor, dass sie es dem Nutzer zu bequem machen, ihm zu wenig Zeit und Mühe abfordern. Aber sich mal in eine Software einzufuchsen, das ist ihm offenbar wieder zu viel der Mühe.“ So kritisiert Gregor Honsel meinen Text über die dummen Dinge. Er leitet seine Kritik mit der Behauptung ein, ich würde Computer dumm finden und unsynchronisierte Getriebe toll. Zu bedenken ist freilich auch der Unterschied zwischen dem Getriebe und dem Computer. Sobald ein Computer schaltet (das ist ja die Weiterentwicklung der Lösung der Synchronisation), geht die Herausforderung an den physischen und emotionalen Kontakt mit dem zugrundeliegenden mechanischen Geschehen gegen Null. Umgekehrt erzwingt das nicht synchronisierte Getriebe Kenntnisse über den Schaltvorgang, die nicht mehr nötig sind, sobald ihn der Computer vollzieht. Es geht also um den Unterschied zwischen einer Lernsituation, die in den Dingen selbst wurzelt und von ihnen ausgeht, gegenüber einer Lernsituation, in die der Konsument nur dann gerät, wenn er das will. Er muss sich entscheiden, sich in ein System zu vertiefen, das er genauso gut ohne jedes Verständnis bis in die hilflose Abhängigkeit hinein nutzen kann. Der Computer steht für einen Scheideweg, den wir nicht verleugnen sollten: Er kann zu unserer Kompetenz in der Bewältigung unseres Lebens beitragen, aber er kann uns auch Kompetenzen nehmen.

Dr. Wolfgang Schmidbauer

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