MIT Technology Review 2/2016
S. 22
Aktuell

WOHNEN

Autark leben auf dem Wasser

Zwei Geschosse, 110 Quadratmeter, kein Stromanschluss. Foto: Fraunhofer IVI

Hausboote lassen sich nicht einfach ans Strom- und Wassernetz anschließen. Mehrere Fraunhofer-Institute entwickeln deshalb ein autarkes Hausboot. Es soll 2017 auf einem See bei Hoyerswerda schwimmen.

Der Strom kommt aus Solarzellen und Lithium-Ionen-Akkus. Als Heizung dient ein Salzhydrat-Kamin. Brennt das Feuer, wird das Salzhydrat flüssig und nimmt Wärme auf, die sich nahezu unbegrenzt speichern lässt. Um die Energie wieder abzugeben, treten funkbasierte „Kristallisationsauslöser“ in Aktion – ähnlich wie beim Taschenwärmer.

Wasch- und Toilettenwasser wird getrennt in geschlossenen Kreisläufen wiedergewonnen. Um das Schiff auch phasenweise nutzen zu können, etwa als Ferienhaus, soll sich die Wasseraufbereitung per Knopfdruck ein- und ausschalten lassen. Bei einer biologischen Kläranlage wäre das nicht möglich. Daher setzen die Forscher allein auf eine chemische und physikalische Wasseraufbereitung – unter anderem durch Photokatalyse, Elektrochemie und selbst entwickelte Keramikmembranen. Etwa viermal im Jahr muss die übrig gebliebene Festmasse entsorgt werden. BEN SCHWAN

HIRNFORSCHUNG

Enzym verbessert das Gedächtnis

Ein bestimmtes Enzym kann das Gedächtnis verbessern – zumindest bei Mäusen. Das haben Forscher um Hilmar Bading von der Universität Heidelberg nachgewiesen. Dazu spritzen sie jungen Mäusen Viren, welche die Herstellung des Enzyms Dnmt3a2 beschleunigen.

Dieses ist ein „epigenetischer Regulator“. Er modifiziert die DNA so, dass sie bestimmte Proteine verstärkt herstellt, die ihrerseits die Erinnerung beeinflussen. Das zeigte sich an verschiedenen Langzeitgedächtnistests. In einer früheren Studie hatten die Wissenschaftler diesen Zusammenhang auch an älteren Mäusen festgestellt.

Das Enzym spielt aber nicht nur eine entscheidende Rolle beim Erinnern, sondern auch beim Vergessen. „Wir haben festgestellt, dass Mäuse mit einem erhöhten Dnmt3a2-Level im Gehirn die Verbindung zwischen einem bestimmten Ort und einem schmerzhaften Stimulus deutlich effizienter auslöschen konnten“, sagt Studienleiter Hilmar Bading.

Auf diese Weise ließen sich womöglich auch posttraumatische Belastungsstörungen bei Menschen besser behandeln. Zudem verspricht sich Bading auch Hilfe bei Medikamenten gegen Demenz und Alzheimer. Doch ob und wann die Technik auch beim Menschen angewendet werden kann, ist noch offen.

BEN SCHWAN

FLUGZEUGTECHNIK

Mehr Auftrieb mit Druckluft

Simulation der Luftströmungen an einer Tragfläche. Rendering: DLR

Riesenjets wie der Airbus A380 benötigen große Triebwerke, welche die Aerodynamik der Tragflächen stören. Sie müssen deshalb schneller fliegen, um genügend Auftrieb zu bekommen und brauchen entsprechend lange Startbahnen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat nun gemeinsam mit Industriepartnern ein Gegenmittel entwickelt. Dazu stießen die Entwickler pulsierende Druckluft durch kleine Doppelschlitze an sensiblen Stellen der Tragfläche aus. Die so erzeugten Wirbel vermischten die oberflächennahen Luftströmungen mit der freien Strömung. Das Ergebnis: Die Strömungsabrisse am Übergang vom Triebwerk zum Flügel sowie an den Flügelspitzen verschwanden, der Auftrieb stieg, der Luftwiderstand sank. Damit reduzierten sich auch Spritverbrauch, Lärmbelastung und Startstrecke, weil die Maschinen bei geringerer Geschwindigkeit abheben konnten. Bisher wurde das System nur im Windkanal getestet, jetzt stehen weitere Versuche an. JAN OLIVER LÖFKEN

SICHERHEIT

Roboter gegen Kofferbomben

Schusseligkeit oder böse Absicht? Ein neuer Roboter gibt Antwort. Foto: NRW/ LKA

Roboter sind schon seit Längerem in Bombenentschärfungstrupps der Polizei im Einsatz. Allerdings sind die Geräte bislang noch nicht sonderlich smart, sondern werden nur ferngesteuert, um beispielsweise verdächtige Pakete zu öffnen. Das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) hat nun einen leistungsfähigeren Entschärfer entwickelt. Er besitzt eine hochauflösende Digitalkamera, eine 3D-Kamera und einen Millimeterwellenscanner, der Gegenstände vor Ort durchleuchten und die Bilder und Daten an die Ermittler schicken kann.

Der Millimeterwellenscanner ist eine Eigenentwicklung des FHR und soll anderen Systemen wie Terahertz-Scannern überlegen sein. So lassen sich damit beispielsweise Kofferinhalte dreidimensional darstellen. „Damit können wir feststellen, aus welchen Teilen die Bombe besteht und wie diese im Gepäck angeordnet sind“, sagt Projektkoordinator Stefan Lang. Bis April soll ein Demonstrator des Scanners fertig sein, Praxistests mit der gesamten Sensor-Suite werden jedoch noch bis mindestens 2017 brauchen. BEN SCHWAN