MIT Technology Review 6/2016
S. 85
Meinung

internetzugang

Ausgebremste Konkurrenz

Klingt doch toll: Ohne neue Leitungen zu verbuddeln, lassen sich Haushalte über bestehende Kupferdrähte mit 50 bis 100 Megabit pro Sekunde versorgen, künftig gar mit bis zu 500 Megabit. Der Schönheitsfehler bei diesem „Vectoring“: Um die gegenseitige Störung benachbarter Drähte zu kompensieren, muss eine Software alle Signale aller Leitungen kennen. Ein Anbieter muss also die Hoheit über den gesamten Datenverkehr vom Verteilerkasten bis zur Wohnung haben.

Und dieser Anbieter heißt in den meisten Fällen Deutsche Telekom. Die Bundesnetzagentur hat ihr das Vectoring genehmigt. Die Konkurrenten haben sich bei der EU-Kommission darüber beschwert. Brüssel will das Ansinnen nun genau prüfen. So lange liegt der Breitbandausbau auf Eis.

Die Bundesregierung steht damit vor den Scherben ihrer Netzpolitik. Zu lange hatte sie vergeblich gehofft, der Markt werde auf wundersame Weise schnellen Netzzugang auch in das abgelegenste Dorf bringen – ohne aber selbst die nötigen Anreize zu setzen oder zu investieren. Da kam die Telekom-Technik gerade recht, um doch noch preiswert und ohne eigene Anstrengungen das Versprechen auf eine flächendeckende Breitbandversorgung zu erfüllen.

Doch diese Entscheidung ist kurzsichtig. Um auch in Zukunft für steigendes Datenvolumen gerüstet zu sein, müssen die Glasfaserleitungen nicht nur – wie beim Vectoring – bis zum Verteilerkasten geführt werden, sondern direkt in die Wohnung („Fibre to the Home“, FTTH). Sonst ist absehbar, dass Deutschland in ein paar Jahren wieder den Anschluss verliert.