MIT Technology Review 10/2017
S. 97
Fundamente
Rückschau

Gutes Geld, schlechtes Geld

An dieser Stelle blicken wir zurück auf Artikel, die vor fünf Jahren in Technology Review erschienen sind. Diesmal: Crowdfunding

technology review 10/2012 Crowdfunding wurde zu einem weiteren Finanzierungsinstrument.

Wird Crowdfunding das klassische Risikokapital ablösen?“, fragte Technology Review in seiner Titelgeschichte im Oktober 2012 und präsentierte diverse Start-ups, die sich direkt bei Otto Normalnutzern um Gelder bemühten. Fünf Jahre später kann man sagen: Jein.

Zwar ist aus dem Hype um das Einsammeln von Investitionsmitteln auf Plattformen wie Kickstarter, Indiegogo oder Startnext längst gelebter Alltag für jungen Firmen geworden, die ihre Produkte an Frau und Mann bringen wollen. Doch ebenso gibt es genügend Abstürze: Von der Crowd finanzierte Produkte wurden extrem verspätet oder sogar gar nicht ausgeliefert, Start-ups gingen pleite, das Geld der Crowd war weg. Mancher Crowdfunding-Skandal grenzt an Betrug, andere haben einfach Pech, wieder andere waren unternehmerisch nicht kompetent genug.

Letzteres gilt etwa für die programmierbare Armbanduhr Pebble, einer der ersten großen Kickstarter-Hypes. Das Gerät kam zunächst viel zu spät zur Kundschaft – trotz eingesammelter zehn Millionen Dollar. Im Dezember 2016 ging das Unternehmen schließlich pleite. Doch die Geschichte zeigt auch, wo das Crowdfunding seine Stärken hat: neuen Ideen zum Durchbruch zu verhelfen. Denn Pebble ging gewissermaßen an seinem eigenen Erfolg zugrunde. Die riesige Fundingsumme zeigte, dass auf dem Markt ein Bedarf für Smart Watches existiert. Prompt stiegen Giganten wie Apple oder Samsung ein.

Für viele Unternehmer dient Crowdfunding inzwischen vor allem als Test, ob eine Idee Erfolg haben könnte, sowie als Marketingwerkzeug. Für die Finanzierung ihres Unternehmens dagegen setzen Gründer inzwischen lieber auf einen ausgewogenen Mix aus Bankkrediten, Risikokapital und manchmal auch Crowdfunding.

Ein Garant für den Erfolg ist dieser Weg natürlich immer noch nicht. So ging Bloomy Days, ein Blumenlieferunternehmen aus Berlin, das sich anfangs bei der Crowd und später auch bei Wagniskapitalgebern Geldmittel holte, laut Gründerszene.de aufgrund einer geplatzten Finanzierungsrunde im Sommer 2017 in die Insolvenz – im fünften Jahr seines Betriebs. BEN SCHWAN