MIT Technology Review 10/2017
S. 26
Am Markt

Ausprobiert

Bitte tief Luft holen

Der Atem-Tracker Spire soll vor Anspannung warnen und Ruhe bringen.

Der Spire sieht aus wie ein flacher Kiesel mit drangeschraubtem Clip. Damit lässt er sich am Hosenbund oder am BH befestigen, wo er die Atmung erfassen soll.

Die Inbetriebnahme ist einfach: Die dazugehörige App wird mit dem Spire via Bluetooth gekoppelt. Weil der Tracker auch den Kalorienverbrauch ermitteln soll, muss ich noch Gewicht, Größe und Geschlecht eingeben. Anschließend erklärt mir die Stimme von Neema Moraveji, Mitgründer von Spire, wie wichtig die Atmung für die Stressvermeidung und die Gesundheit ist.

Kurz darauf zeigt die App meine aktuelle Atemlinie. Sie scheint sich tatsächlich mit jedem Atemzug nach oben und unten zu bewegen. Darunter steht die aktuelle Anzahl meiner Atemzüge pro Minute sowie der Durchschnittswert, der sich erstaunlicherweise während des gesamten Tests nicht ändert. Wie der Spire genau funktioniert, gibt die Firma nicht bekannt. Nur dass er eine Fülle von Sensoren habe, deren Daten von vielen Algorithmen in der Cloud ausgewertet würden. Nichts für Datenschützer also.

Ein kurzer Test mittels Luftanhalten schlägt allerdings gleich fehl. Die Atemlinie flacht kurz ab, danach setzt die Wellenbewegung auch ohne Atmung wieder ein. Bei den verschiedenen Atemübungen der App stimmt die angezeigte Atemfrequenz ebenfalls hinten und vorne nicht.

Da wundert es nicht, dass auch die Erkennung von Gelassenheit, Anspannung und Konzentration oft schiefgeht. Fast immer, wenn Spire vibrierte und mich auf meine Anspannung aufmerksam machte, war ich konzentriert am Arbeiten. Umgekehrt gratulierte mir Spire bei engagierten Debatten zu meiner Gelassenheit. Zwar lässt sich jeder ermittelte Gemütszustand korrigieren, aber das führt nicht zu einer besseren Kalibrierung. Das Feedback werde bei zukünftigen Updates berücksichtigt, meldet die App bloß.

Die Berechnungen des Kalorienverbrauchs dürften ähnlich ungenau ausfallen, denn wenn der Tracker nicht ordentlich durchgeschüttelt wird, erkennt er keine Aktivität wie etwa Radfahren. Manuell lassen sich aber keine Aktivitäten einstellen.

Neema Moraveji und sein Team wollen Spire weiter verbessern. So soll schon bald eine Schlaferkennung folgen. Mit der hätte mir Spire vielleicht nicht um zwei Uhr nachts vorgeschlagen, aufzustehen und meine Beine zu strecken, weil ich mich anscheinend schon eine Weile nicht bewegt habe.

PRODUKT: Spire HERSTELLER: Spire Inc. PREIS: 129,95 Dollar LINK: https://spire.io