MIT Technology Review 12/2017
S. 88
Fokus
Präzisionsmedizin

Besser treffen

Auf Basis von Gendiagnosen lassen sich Medikamente individueller verabreichen. Die Folge sind schnellere Therapieerfolge und weniger Nebenwirkungen.

Die Vision einer personalisierten Medizin begeistert schon seit der Jahrtausendwende Wissenschaftler wie Ärzte. Als Paradebeispiel galt das bereits damals zugelassene Herceptin. Bei jeder vierten Brustkrebspatientin kann ein spezieller Rezeptor nachgewiesen werden, an den ein Wachstumsfaktor andockt und die Wucherung ankurbelt. Herceptin blockiert ganz spezifisch diesen Rezeptor. Zumindest für einen Teil der Patientinnen bedeutet dies einen deutlich günstigeren Verlauf ihrer Erkrankung.

Auch gegen Aids gab es früh Erfolge: Der Wirkstoff Abacavir hemmt ein viruseigenes Enzym und verhindert dadurch, dass der HI-Virus sein genetisches Material in weitere Zellen einschleusen kann. Trägt ein Patient jedoch in den Erbanlagen das HLA-B*5701-Allel, reagiert er mit hoher Wahrscheinlichkeit extrem überempfindlich auf den Wirkstoff. Die Medikation könnte schlimmstenfalls sein Todesurteil bedeuten. Im Jahr 2008 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) daher festgelegt, dass sich sämtliche HIV-Infizierte vor einer Gabe standardmäßig einem Gentest unterziehen sollen.