MIT Technology Review 2/2017
S. 88
Meinung
Bücher

Voll Mond

Zwei Science-Fiction-Romane interpretieren eines der ältesten Themen des Genres neu: Was treiben Menschen auf dem Mond?

Ian McDonald: Luna Heyne Verlag, 512 Seiten, 14,99 Euro (E-Book 11,99 Euro)

Bei Ian McDonald ist der Mond eine Art globales Klondike: Eine Bergbaukolonie, in der – fast – keine Gesetze herrschen und nahezu alles verhandelbar ist. Bei der Ankunft verpasst die LDC, die Lunar Development Corporation, jedem „Joe Moonbeam“ genannten Neuankömmling einen „Chib“. Die interaktive Kontaktlinse zeigt permanent den Kontostand für Wasser, Kohlenstoff, Datenübertragung und Luft an. „Man lernt, dass der eigene Körper einem nicht mehr gehört. Nichts gehört einem. Sobald man den Mondloop hinter sich gelassen hat, ist alles nur noch gemietet“, schreibt eine der Hauptfiguren, Adriana Corta, in ihren Memoiren.

Sie wollen wissen, wie es weitergeht?

UMWELT

Im Irrenhaus der Klima-Leugner

An Büchern, die vor den Auswirkungen der Erderwärmung warnen und zu konsequenten Klimaschutzstrategien aufrufen, mangelt es nicht. Der US-Klimatologe Michael E. Mann und der Cartoonist der „Washington Post“, Tom Toles, widmen sich aber der besonders hartgesottenen Klientel der Klimawandel-Leugner. Beide Autoren bringen dazu das geeignete Rüstzeug mit. Mann muss sich als Verfasser der legendären Hockeystick-Kurve bis heute ihren Anfeindungen aussetzen. Er kennt daher die „Argumente“ und begegnet ihnen in einem souverän-amüsanten Ton mit den Erkenntnissen der Forschung. Manns Ausführungen werden durch die Cartoons von Toles pointiert – ohne viel lesen zu müssen. Zusammen betreten sie das „Irrenhaus“ der Klimawandel-Leugner, steigen die Stufen der Verleugnung hinauf, um von dort die Fallstricke einiger Geoengineering-Ideen, wie Spiegel hoch über der Erdoberfläche anzubringen, zu beleuchten.

Das einfach geschriebene, aber nicht vereinfachende Buch hat ein Problem: Die Leser, die es von den Risiken zu überzeugen gilt, werden es wohl trotzdem nicht in die Hand nehmen. JENNIFER LEPIES

Sie wollen wissen, wie es weitergeht?

MEDIZIN

Rauschmittel für Schwerkranke

Noch in diesem Jahr soll deutschen Ärzten erlaubt werden, schwer kranken Menschen medizinisches Cannabis auf Kosten der Krankenkassen zu verschreiben. Eine Entwicklung, die Peter Cremer-Schaeffer als Leiter der Bundesopiumstelle am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, begrüßt. In seinem informativen Band liefert der Mediziner die Argumente: So dokumentiert er in einem historischen Exkurs die lange Tradition des Hanfs als Heilmittel. Zugleich fordert er weitere Studien, die neben der Wirksamkeit auch eventuelle Nebenwirkungen untersuchen. Das Ziel des Anästhesisten sind sichere Cannabis-Medikamente.

Andererseits räumt Cremer-Schaeffer in seinem „Cannabis“-Buch mit Mythen auf wie jenem von der Einstiegsdroge Hanf. Dabei verläuft seine Argumentation sachlich, präzise und kenntnisreich, keineswegs aber verharmlosend. Denn er klärt zugleich über die große Schädlichkeit von Cannabis für junge Menschen auf. Dabei verweist er allerdings auch auf die gern herangezogenen Gefahren von legalen Rauschmitteln wie Tabak und Alkohol. Während er sich für das medizinische Cannabis einsetzt, wünscht sich Cremer-Schaeffer, was die Legalisierung der Droge in Deutschland betrifft, eine breite gesellschaftliche Diskussion. Inge Wünnenberg

Sie wollen wissen, wie es weitergeht?

BIONIK

Gold schürfen mit Senfpflanzen

Gewöhnungsbedürftig ist Ille Gebes-hubers lockerer Erzählton. Doch das sollte die Lektüre des Buchs „Wo die Maschinen wachsen“ nicht beeinträchtigen. Denn die Wiener Physikerin nutzte ihre Professur an der National University of Malaysia für einen neuen Zugang zur Forschung. Nachdem sich die meisten Geräte in ihrem Labor in Südostasien als veraltet und defekt herausgestellt hatten, entschied sich die Nanotechnologie-Expertin, nach Inspiration im Regenwald zu suchen. Das bescherte ihr neue Ansätze.

Ein Projekt etwa ist die Erforschung und Nachgestaltung der Nanostruktur von Schmetterlingsflügeln, deren Farbe nicht auf Pigmenten, sondern auf ihrer besonderen Oberfläche beruht. Der Bergbau mit Pflanzen avancierte zum weiteren Schwerpunkt der Physikerin, deren vielfältiges Spektrum beeindruckt. Das reicht von Senfpflanzen, die Gold aus dem Boden aufnehmen, über Bakterien, die Magnete erzeugen, bis hin zu Schwämmen, die Glas herstellen. Gebeshuber sät damit den Samen aus. Die Entwicklung und Ernte von fertigen Produkten überlässt sie anderen. INGE WÜNNENBERG