MIT Technology Review 2/2017
S. 22
Aktuell

Biologie

Übersetzer für Fledermäuse

Forscher entschlüsseln die Rufe von Ägyptischen Fruchtfledermäusen. Foto: Yossi Yovel/The Bat Lab/ Tel-Aviv University

Isrealische Forscher haben Rufe von Fledermäusen mithilfe von Software entschlüsselt. Die Rufe würden sehr viel mehr Informationen enthalten als bisher vermutet, schreiben Yossi Yovel und Kollegen von der Tel Aviv University im Fachmagazin „Nature“.

Das Team hatte 75 Tage lang eine Kolonie von Ägyptischen Fruchtfledermäusen gefilmt und ihre Rufe aufgezeichnet. Anschließend ließen die Forscher die Aufzeichnungen durch einen Algorithmus analysieren, der normalerweise zur Spracherkennung benutzt wird.

Das Programm konnte nicht nur erkennen, ob es bei dem Ruf zum Beispiel um Streit um Nahrung oder Schlafplätze ging, sondern auch, dass die Rufe an bestimmte Adressaten gerichtet waren.

Im nächsten Schritt wollen die Forscher auch Intonation und Pause der Rufe analysieren, um zu erforschen, wie junge Fledermäuse ihre Sprache lernen. Die Forscher vermuten hier einen ähnlichen Mechanismus wie bei Menschen. W. STIELER

FISCHEREI

Warngerät soll Schweinswale vor Netzen schützen

Ein Schweinswal läuft Gefahr, in ein Stellnetz zu schwimmen. Foto: Boris Culik

Um zu verhindern, dass sich Schweinswale in der Ostsee in Stellnetzen verheddern und ertrinken, haben Forscher des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock ein neues Warngerät entwickelt. Nach mehrjährigen Tests liefert es den Wissenschaftlern zufolge nun vielversprechende Ergebnisse.

Das Warngerät namens PAL (Porpoise Alert) imitiert Ultraschallsignale in einer Frequenz von 133 Kilohertz, welche die Tiere untereinander zur Kommunikation und Orientierung nutzen. Es regt die Echoortung der Meeressäuger an. Die Wale reagieren sensibler auf ihre Umgebung und können Stellnetze besser identifizieren. In der Folge erhöhen sie ihren Abstand zu den Netzen um rund 20 Meter. Bislang wurden sogenannte Pinger eingesetzt. Ihr Störungssignal verschreckt die Wale aber so stark, dass sie ihren natürlichen Lebensraum verlassen und womöglich in anderen Netzen landen.

Etwa 600 Schweinswale lebten laut einer Erhebung im Jahr 2014 in der zentralen Ostsee. Nach Schätzungen sterben jährlich 1,8 bis 18 Prozent der Tiere als Beifang in Stellnetzen. Die Forscher testeten die PAL-Geräte seit 2014 in der westlichen Ostsee. Bei 900 Einsätzen schwammen drei Schweinswale in Stellnetze, die mit PAL-Geräten ausgestattet waren. Hingegen landeten 18 Tiere in Netzen, vor denen Pinger gewarnt hatten. KEVIN MOORHOFF

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Lautlos diktieren

Die blauen Flecken zeigen die für bestimmte Laute charakteristischen Bereiche. Screenshot aus: YouTube/University of Oxford/Computer Science Department

Eine neue Software namens LipNet kann Sätze besser von den Lippen ablesen als darin geübte gehörlose Menschen. Dazu haben britische Forscher von Google und der Uni Oxford einen Algorithmus mit Videoaufzeichnungen von 29000 Sätzen trainiert. Anschließend erreichte er eine Trefferquote von 95 Prozent. Eine Kontrollgruppe aus drei menschlichen Versuchspersonen brachte es im Schnitt auf 52 Prozent. Der bisherige Rekord einer Software lag bei 86 Prozent.

Den Erfolg führen die Forscher vor allem darauf zurück, dass ihr Algorithmus nicht mehr versucht, Wort für Wort von den Lippen abzulesen, sondern Abschnitte variabler Länge bis hin zu ganzen Sätzen. So kann die Software mehr zeitliche Zusammenhänge auswerten. Die Software wurde allerdings nur mit frontal aufgenommenen, gut ausgeleuchteten Sprechern trainiert. Als Überwachungstool für beliebige Videoaufnahmen eigne sie sich nicht, schreiben die Forscher – eher schon für das lautlose Diktieren in unruhiger Umgebung. Michal Černý