MIT Technology Review 5/2017
S. 96
Fokus
Neue Materialien
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Grafik: Shutterstock

Auf Biegen ohne Brechen

Die flexible Elektronik kommt. Sie verleiht Kleidung Intelligenz oder schmiegt sich an die Haut – und lässt die Grenzen von Mensch und Maschine verschwimmen.

Gebrochenes Herz? Pflaster drauf!“ So könnte der Werbeslogan für Tal Dvirs neueste Entwicklung lauten: ein Netz aus Kunststoff-Nanofasern, gespickt mit Herzmuskelzellen, elektronischen Sensoren und Aktoren. Es soll nach einem Herzinfarkt beschädigte Bereiche nicht nur – wie in bisherigen zellbasierten Ansätzen – auf natürliche Weise unterstützen, sondern sie auch steuern und überwachen. Mit Rattenzellen haben Dvir und seine Kollegen von der Tel Aviv University das schon geschafft. Außerdem gelang es ihnen, medizinische Wirkstoffe aus winzigen eingewobenen Medikamenten-Containern freizusetzen.

Entscheidende Voraussetzung für das Herzpflaster sind geschmeidige leitende und halbleitende Materialien. Sie schaffen auch jenseits der Medizin ganz neue Möglichkeiten – vor allem bei Wearables. Und während Dvir seine Entwicklung selber noch als Science-Fiction einstuft, wächst der Markt der am Körper oder in die Kleidung integrierten Elektronik ständig. Jüngstes Beispiel ist die Jeansjacke mit dem smarten Ärmel, die Levi’s und Google im März auf dem SXSW-Festival in Austin, Texas, vorgestellt haben. Sie soll endlich Schluss machen mit umständlicher Smartphone-Bedienung während der Fahrradfahrt. Stattdessen reicht ein Wisch über den mit Golddrähten durchwobenen Ärmel, um einen Anruf anzunehmen oder die Musik leiser zu stellen. Elektronik und Funkverbindung sitzen in der Manschette. Aussicht auf den US-Verkaufsstart: Herbst 2017. Bis dahin sollen auch die letzten Softwareprobleme behoben sein.