MIT Technology Review 5/2017
S. 28
Horizonte
Medizin

Der Mann, der den Alkohol zähmt

David Nutt war der oberste Drogenberater der britischen Regierung. Aber die Ansichten des Psychoneuropharmakologen waren zu extrem. Jetzt arbeitet der Wissenschaftler an einem Alkoholersatz.

Ich hoffe, Sie mögen Bourbon“, sagt David Nutt und reicht mir ein Glas mit einer gelblich-braunen Flüssigkeit auf Eis. Der Whiskey schmeckt weniger stark nach Alkohol als erwartet. Das hat mehrere Gründe. Erstens ist gar kein Alkohol drin. Es ist laut Nutt ein sogenannter Alcosynth, der nur die angenehmen Effekte von Alkohol auslösen und selbst in größeren Mengen nicht schaden soll. Auch Schwindel, Übelkeit und der Kater sollen damit weitgehend der Vergangenheit angehören. Zweitens ist der Drink noch nicht fertig, Nutt feilt noch an den Alcosynths herum. Mit ihnen möchte der Psychiater und Psychopharmakologe, der am Imperial College London das Institut für Neuropsychopharmakologie leitet, die Trinkgewohnheiten der kommenden Generationen verändern.

Seit mehr als 40 Jahren erforscht David Nutt die Macht der Drogen. Seine unorthodoxen Ansätze haben ihm viele Feinde beschert. Foto: Gareth Iwan Jones

Wir sitzen im Wohnzimmer seines großen Landhauses im 16000-Einwohner-Ort Keynsham, zweieinhalb Autostunden westlich von London, in dem Nutt mit seiner Frau, einem seiner vier Kinder und zwei Hunden lebt. Er hat frei, denn er arbeitet nur noch drei Tage die Woche im Imperial College. Trotzdem sei er produktiver denn je, sagt er.