MIT Technology Review 7/2017
S. 60
Horizonte
Verkehr

Zwischen Himmel und Meer

Reisende sollen bald in Flugzeugen nur wenige Meter über dem Meer ihrem Ziel entgegenrasen. Das Konzept klingt aberwitzig, ist aber vor allem: spritsparend.

Im Hafen von Kaspijsk in Dagestan dümpelt eine Konstruktion, die auf Google Earth aussieht wie ein Flugzeug. Doch in den 1980er-Jahren raste das 73 Meter lange Monster, in tosende Wasserwolken gehüllt, im Tiefstflug kilometerweit über das Kaspische Meer. „Lun Ekranoplan“, wie die Russen das Gefährt nannten, ist ein Zwitter aus Boot und Flugzeug. Solche Vehikel jagen rund zwei Meter über der Wasseroberfläche dahin, sind im Schnitt zehnmal so schnell wie ein Schiff gleicher Größe und bis zu 40 Prozent sparsamer als ein Flugzeug gleicher Geschwindigkeit.

Der Airfish 8 ist bereits als Wassertaxi in Asien unterwegs. Foto: Wigetworks

Solche Hybride erleben eine erstaunliche Renaissance. „Ingenieurteams in aller Welt arbeiten derzeit an dieser Technologie“, sagt Hanno Fischer aus Wittlich. Der 92-Jährige hat bereits in den 60er-Jahren solche sogenannten Bodeneffekt-Fahrzeuge entwickelt und ist immer noch in seiner Firma Fischer Flugmechanik aktiv. Die Technik macht sich eine physikalische Besonderheit zunutze, die jeder Pilot von der Landephase kennt: den sogenannten Bodeneffekt. Wenn ein Flügel schnell und dicht über eine Ebene gleitet, bildet sich zwischen Tragfläche und Boden beziehungsweise Wasseroberfläche ein Kissen aus gestauter Luft. „Der Überdruck unter dem Flügel wird größer“, erklärt Fischer. „Der Auftrieb nimmt zu, und die Luftwirbel an den Flügelspitzen werden kleiner.“ Dies führt zu einer Verringerung des Luftwiderstands um rund 50 Prozent.“ Der Motor muss also weniger Kraft aufwenden, um das Gerät in der Luft zu halten.