MIT Technology Review 7/2017
S. 12
Aktuell

Interview

Echte Fans unterhalten sich auf Dothraki

TR: Sie haben die Sprache Dothraki für die erfolgreiche TV-Serie „Game of Thrones“entwickelt. Wie sind Sie an diesen Auftrag gekommen?

DAVID PETERSON: 2009 wurde ein Wettbewerb für Sprachentwickler ausgeschrieben. Es war ziemlich schwer und eine Menge Arbeit. Aber ich hatte das Glück, durch beide Auswahlrunden zu kommen.

Der Linguist David Peterson entwickelt Sprachen für Fantasy- und Science-Fiction-Fernsehserien. Der Amerikaner lebt in Kalifornien und unterrichtet seit diesem Jahr auch Sprachentwicklung an der University of California in Berkeley. Foto: Jake Reinig/Penguin Books

Beeinflusst der Charakter der Völker die Sprache, die Sie für sie entwickeln? Ist Dothraki rauer?

Nein, Dothraki ist überhaupt nicht rau. Man kann es schroff sprechen, aber das geht eben auch mit jeder anderen Sprache.

Entwickeln Sie eine neue Sprache auf der Basis einer existierenden, oder versuchen Sie, sie ganz anders zu gestalten?

Weder noch. Es kommt auf das Projekt an. Wenn Sie eine Sprache für Außerirdische brauchen, die weder Mund noch Ohren haben und sieben Tentakeln für eine Gebärdensprache benutzen, dann wird diese keiner irdischen Sprache ähneln. Die meiste Zeit entwickle ich allerdings Sprachen für Menschen. Das Ziel ist, dass Linguisten am Ende die Sprache nicht unrealistisch finden.

Erarbeiten Sie immer vollständige Sprachen mit einer eigenen Grammatik?

Ja, sonst wäre es ja keine Sprache. Die Zahl der Wörter hat nichts damit zu tun. Mein Maßstab ist die Vollständigkeit der Grammatik.

Enthalten sie dann auch Ausnahmen?

Das tun sie. Man kann die Prozesse simulieren, durch die Unregelmäßigkeiten in realen Sprachen entstanden sind. Viele dieser Unregelmäßigkeiten gehen auf historische Lautverschiebungen oder die Integration neuer Wörter zurück. Wenn ich also eine Sprache für das Jahr 1500 brauche, dann fange ich schon im Jahr 500 an und entwickle sie dann weiter.

Ihr erster Sommerkurs über Sprachentwicklung ist gerade an der University of California in Berkeley gestartet. Worum geht es dabei?

Linguistikstudenten sollen von der Pike auf lernen, wie man natürliche Sprachen entwickelt. Wir werden den gesamten Prozess durchlaufen, angefangen mit Phonetik – dem Lautsystem einer Sprache – über Wörter, das Übersetzen und so weiter.

Gibt es Fans, die Dothraki gelernt haben und sich in dieser Fantasiesprache unterhalten?

Höchstwahrscheinlich. Schließlich gibt es ein Sprachbuch, das ich geschrieben habe: „Living Language Dothraki“. Interessant dabei ist, dass sich die Sprecher vermutlich auch dann verstehen, wenn sie sich grammatikalisch nicht ganz korrekt ausdrücken. VERONIKA SZENTPÉTERY-KESSLER

TEXTILIEN

Atmungsaktive Kleidung dank Bakterien

Wie die japanische Delikatesse Nattō zu einem neuartigen Sportshirt führt, zeigen Forscher des MIT Media Lab. Sie machten sich den Bazillus subtilis natto zunutze, der die Sojabohnenspeise fermentiert. Mithilfe dieser Mikroorganismen haben sie ein Oberteil hergestellt, das speziell dann atmungsaktiv wird, wenn ein Sportler anfängt zu schwitzen. Das soll den Athleten vor Überhitzung schützen.

Bakterien öffnen und schließen die Lüftungsklappen des neuen Sportshirts. Foto: Hannah Cohen

Die Forscher des Projekts bioLogic beobachteten, dass sich die Nattō-Bakterien bei Kälte ausdehnen und bei Wärme zusammenziehen, sobald sich die Feuchtigkeit ihrer Umgebung erhöht. Sie integrierten die Einzeller in die Textilien und nutzten dazu einen 3D-Drucker. „Wir druckten eine Schicht aus Latex-Film und luden dann Milliarden von Nattō-Zellen in den Printer, der diese dann Zeile für Zeile auf den Film setzte“, erklärt die Forscherin Lining Yao. Dieser Bio-Hybrid-Film kann etwa am Rücken in das Hemd eingesetzt werden, wo man besonders stark schwitzt. Der spezielle Stoff ist von einer Vielzahl kleiner Lüftungsklappen durchsetzt. Wird die Haut des Shirtträgers warm und beginnt zu schwitzen, ziehen sich die Bakterien zusammen, die Klappen rollen sich auf und öffnen sich. Durch Verdunstung des Schweißes kühlt sich die Haut wieder ab, die Bakterien dehnen sich aus und schließen die Klappen. RoMAN GOERGEN