MIT Technology Review 9/2017
S. 68
Horizonte
TR 50

Cyberdyne

Wieder gehen lernen

Das Exoskelett HAL lässt sich über Nervensignale steuern – und bringt so Gelähmte wieder auf die Beine.

Das alte Kesselhaus der Klinik Bergmannsheil in Bochum ist ein Ort der Hoffnung. In zwei Hallen stehen ein Dutzend Laufbänder. Die Menschen, die dort trainieren, sind querschnittgelähmt. Sie wollen eine Fähigkeit wieder erlernen, die sie meist durch einen Unfall verloren haben: das Gehen. Ein Exoskelett unterstützt sie dabei. Es stammt vom japanischen Roboterhersteller Cyberdyne, heißt HAL und ist der weltweit erste nervengesteuerte Roboteranzug. Leises Surren signalisiert, dass HAL aktiv ist. Motoren an Hüfte und Knie bewegen die Beine des Querschnittgelähmten.

Die meisten Exoskelette für Querschnittgelähmte funktionieren nach einem maschinellen Prinzip: Der Patient löst per Knopfdruck ein Bewegungsprogramm aus – aufstehen, laufen, Treppensteigen oder hinsetzen. HALs Funktionsweise dagegen ähnelt mehr den biologischen Abläufen beim Gehen: Gesteuert werden seine Gelenke von den wenigen Nervensignalen, die den Patienten trotz ihrer Lähmung in der Muskulatur geblieben sind. „Hier bewegt der Mensch den Roboter und nicht umgekehrt“, erklärt Therapieleiterin Alina Rühlemann. Wenn der Patient nicht ans Laufen denkt, macht er auch keinen Schritt vorwärts. Darauf beruht auch die Hoffnung, dass HAL viel mehr ist als eine Hightech-Gehhilfe: Sie soll Querschnittgelähmten nach der Therapie eine bessere Mobilität mit weniger Hilfsmitteln ermöglichen. Die Behandlung eignet sich zwar nur für Patienten, die nicht vollständig gelähmt sind. „Trotzdem verlieren auch sie häufig die Kontrolle über ihre Beine“, sagt Rühlemann. 20 bis 30 Prozent der Querschnittgelähmten fallen in diese Kategorie.

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