MIT Technology Review 9/2017
S. 28
Horizonte
Internet
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Illustration: Shutterstock

Putin lässt den Bären los

Von der Ukraine bis zur US-Wahl: Russland trägt den Kampf um die internationale Vorherrschaft ins Internet. Die Desinformationskampagnen und Hackerangriffe gelten unter Militärexperten bereits als neue Art der Kriegsführung. Ist das übertrieben?

Am 17. Juli 2014 – die Passagiere checkten auf dem Flughafen Amsterdam Schiphol gerade für Flug MH17 mit Malaysia Airlines ein – twitterte „Necro Mancer“ (@666_mancer) Informationen über einen ungewöhnlichen Konvoi fast 2500 Kilometer weiter östlich in der Ukraine. Sein Netzwerk hatte ein getarntes Flugabwehr-Raketensystem bemerkt, das auf einem Tieflader durch Donezk rumpelte.

Wenige Stunden später schoss eine Rakete den Flug MH17 ab und tötete 298 Menschen. Wer genau den Knopf gedrückt hat, ist bis heute unklar. Die Verstrickung der russischen Regierung ist jedoch mit Händen zu greifen. Doch der Kampf um die Deutungshoheit über das, was wirklich passiert ist, fing damit erst an. Auf der einen Seite der Front steht ein Staat, dessen Taktik darin besteht, seine Kritiker unglaubwürdig zu machen, immer neue Ablenkung zu produzieren und mit bezahlten Trollen und hochautomatisierten Netzwerken von Bots dafür zu sorgen, dass die Anschuldigungen und Ablenkungen massenhaft verbreitet werden. Gegen diese Front arbeitet eine Ad-hoc-Organisation von Freiwilligen, die soziale Netze als Ermittlungsinstrumente nutzen.