MIT Technology Review 11/2018
S. 97
Fundamente
Rückschau

Die Antwort kommt noch

An dieser Stelle blicken wir zurück auf Artikel, die vor fünf Jahren in Technology Review erschienen sind. Diesmal: Die Zukunft der Arbeit

TECHNOLOGY REVIEW 1/2013 Die neuen KI-Systeme automatisieren auch geistige Arbeiten.

Als die Wirtschaftswissenschaftler Erik Brynjolfsson and Andrew McAfee 2014 ihr viel beachtetes Buch „The Second Machine Age“ herausbrachten, war das Thema für TR-Leser nicht mehr neu: Ob die rasanten Fortschritte in der Robotik und KI bereits in naher Zukunft mehr Jobs vernichten, als sie schaffen, hatten wir bereits im November 2013 ausführlich diskutiert. Aufhänger war damals eine Studie britischer Ökonomen aus dem Jahr 2013, nach der 47 Prozent aller Jobs in den USA in naher Zukunft „sehr wahrscheinlich“ der Automatisierung zum Opfer fallen. „Grundlage der Prognose ist, wie gut bestimmte menschliche Fertigkeiten durch Maschinen zu ersetzen sind“, berichtete TR. „Als schwer ersetzbar gelten unter anderem Feinmotorik, Originalität, Empathie, Verhandlungsgeschick und Überzeugungskraft. Je weniger dieser Fertigkeiten ein Job erfordert, desto unsicherer ist seine Zukunft.“

Besonders dramatisch: Anders als bei der Automatisierungswelle in den 80er-Jahren befürchteten die Experten, dass die Digitalisierung diesmal auch den Dienstleistungssektor trifft – immerhin 72 Prozent aller Arbeitnehmer. Innerhalb kurzer Zeit könnten beispielsweise 500000 bis 800000 Menschen arbeitslos werden, „die jetzt auf den Fernfahrerböcken sitzen“ – spätestens „sobald das autonome Fahren wirklich funktioniert“. Aber auch das „mittlere Management in Großkonzernen“ ließe sich „durch Software ersetzen“.

Kolonnen autonomer Lkws werden zwar in Deutschland seit diesem Jahr erstmals im Regelbetrieb getestet. Unfälle, potenzielle Sicherheitslücken und das Nichteinlösen von – möglicherweise überzogenen – Erwartungen haben den technischen Fortschritt jedoch in den letzten Jahren eher gebremst. Bisher ist die große Roboter-Revolution auf dem Arbeitsmarkt daher noch nicht spürbar. Über die Frage, welche Auswirkungen KI, flächendeckende Vernetzung und Digitalisierung haben werden, streiten sich die Gelehrten noch immer: Nach einer aktuellen Studie des Weltwirtschaftsforums sollen Roboter und Software 2025 erstmals mehr Arbeitsstunden leisten als Menschen. WOLFGANG STIELER