Medizin
„Gefahr durch falsche Informationen ist groß“
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TR: Professor Gerlach, Sie haben eine Spezialambulanz für Menschen eröffnet, die sich einbilden, krank zu sein. Ist das nicht paradox? Eine Klinik für eingebildete Kranke?
Gerlach: Nein. Es geht ja darum, dass die Betroffenen durch die Befürchtung, krank zu sein, beeinträchtigt sind. Das ist wie bei anderen psychischen Störungen auch: Da kann die Auseinandersetzung mit bestimmten Ängsten ein Ausmaß annehmen, das nicht mehr als gesund angesehen werden kann.
Wo ziehen Sie denn die Grenze? Wann sollte jemand professionelle Hilfe in Anspruch nehmen?
Letztendlich geht es um die Frage, wie sehr ich in meiner Lebensführung beeinträchtigt werde: Bin ich den ganzen Tag damit beschäftigt? Kann ich arbeiten? Kann ich nachts schlafen?
Was hat Sie jetzt veranlasst, diese Spezialambulanz zu eröffnen?
Mit dem Thema befassen wir uns schon länger. Es gibt aber noch vergleichsweise wenig Forschung. Um Erforschung und Versorgung dieser Patienten zu verbessern, haben wir diese Spezialambulanz gegründet.
Welche Rolle spielt das Internet bei der Krankheitsangst?
Wenn man irgendwelche Symptome in eine Suchmaschine eingibt, findet man eben nicht die Krankheit, die am besten dazu passt, sondern die interessanteste Krankheit. Dadurch sind verhältnismäßig schwerere Krankheiten bei den Suchergebnissen weiter oben zu finden. Wir wissen auch, dass die meisten Menschen glauben, dass die Suchergebnisse die Häufigkeit von Krankheiten implizit abbilden. Das ist aber nicht der Fall.
Gibt es also dank Google mehr Hypochonder?
Es gibt verschiedene Strategien, wie man mit der Angst vor Krankheiten umgeht. Es gibt zum Beispiel Menschen, die es gar nicht mehr aushalten, in die Tageszeitung zu schauen, weil da etwas über Krankheiten stehen könnte. Die würden das Internet nicht anfassen. Man kann also nicht sagen, dass automatisch alle Menschen, die befürchten, an einer Krankheit zu leiden, im Internet nach den Symptomen suchen. Trotzdem würde ich schon sagen, dass die Gefahr, im Internet falsche und irreführende Informationen zu Gesundheitsthemen zu finden, sehr groß ist. INTERVIEW: WOLFGANG STIELER