MIT Technology Review 12/2018
S. 60
Horizonte
Schifffahrt

Alle Mann von Bord

In der Deutschen Bucht erproben Entwickler ferngesteuerte und autonome Schiffe. Eine Testfahrt vor Wilhelmshaven.

Mitarbeiter von Raytheon testen auf der „Senckenberg“ eine Software für Ausweichempfehlungen. Foto: Axel Hahn/ OFFIS

Im Jade-Weser-Port hieven nebelumhüllte Containerbrücken eine Blechbox nach der anderen aus der „Manila Maersk“. Touristen bestaunen den rund 400 Meter langen Frachter von der Backbordreling eines Ausflugsdampfers aus. Und verpassen dabei steuerbords einen Blick auf die Seefahrt der Zukunft: Mitten im Fahrwasser sind zwei Schiffe auf Kollisionskurs – die „Senckenberg“ und die „Zuse“. Auf den digitalen Seekarten in den Cockpits leuchtet ein rotes X auf. Es markiert die Stelle für das Manöver des letzten Augenblicks. Arne Lamm am Steuerrad der „Zuse“ nutzt sie zum Abdrehen. Das Motorboot rauscht knapp am Forschungskutter vorbei. Der Informatiker mit Sportbootführerschein pustet erleichtert durch, auch wenn er heute schon zum dritten Mal geradewegs auf den 30-Meter-Kutter zuhalten musste. Mit dem Manöver testet er ein neues Assistenzsystem, das Kollisionen vermeiden soll. Diese Technik braucht es auch, wenn ein Autopilot oder ein Kapitän an Land das Kommando übernimmt. Künftig könnten Schiffe vom Kutter bis zum Frachter ohne Steuermann unterwegs sein.

Foto: Axel Hahn/OFFIS
Die Forschungsschiffe „Zuse“ (links) und „Senckenberg“ (oben) gehen regelmäßig auf Kollisionskurs – im Dienste der Sicherheit. Foto: Peter Ringel

„Ziel ist das autonom fahrende Schiff“, sagt Axel Hahn vom Oldenburger Institut für Informatik Offis, das die Software mitentwickelt. Zumindest auf der Brücke soll es keine menschliche Interaktion mehr brauchen. Zu den Projektpartnern gehört neben dem Marineausrüster Raytheon Anschütz auch Airbus.