MIT Technology Review 2/2018
S. 46
Horizonte
Medizin

Kräuter gegen Keime

Cassandra Quave nimmt mit alten Pflanzenrezepten den Kampf gegen antibiotikaresistente Bakterien auf. Mehrere Wirkstoffkandidaten hat die amerikanische Ethnobotanikerin bereits gefunden.

Cassandra Quave bekämpft Bakterien mit Pflanzenextrakten. Foto: Emory University

Diese Geschichte könnte erzählen, wie ein Mädchen seine Liebe zur Natur mit dem Interesse für alte Kräuterarzneien kombiniert und später zu seinem Beruf macht. Dann würde sie im Südwesten Floridas in einem Städtchen mit dem idyllischen Namen Arcadia beginnen. 8000 Einwohner, im Osten schlängelt sich der Peace River vorbei, im Westen liegen Felder, so weit das Auge reicht. Die Mutter war Lehrerin, der Vater besaß ein Rodungsunternehmen. Als Kind spielte Cassandra Quave fast nur draußen, kletterte auf Bäume, stöberte in Büschen und sammelte Beeren. Die unvermeidlichen Schürfwunden behandelte sie mit dem Saft einer Aloe-Pflanze aus dem elterlichen Garten.

Aber die Geschichte beginnt mit schweren Knochenfehlbildungen im rechten Bein. Das Mädchen kam ohne Wadenbein und nur mit einem halben Oberschenkelknochen zur Welt, auch im Fuß fehlten mehrere Knochen. Als sie drei Jahre alt war, amputierten Ärzte das Bein unterhalb des Knies. Doch nach wenigen Tagen entwickelte sie eine lebensgefährliche Infektion mit Staphylokokken. Deshalb musste sie mehrere Wochen lang täglich einige Stunden in einer Betadin-Lösung sitzen. Wegen der braunroten Farbe des Desinfektionsmittels sei es ihr damals vorgekommen, „als säße ich in einem Blubberbad aus Blut“. Weitere Operationen folgten. „Ich hatte meinen Tanz mit dem Tod“, sagt Quave sachlich und lapidar.