MIT Technology Review 5/2018
S. 96
Fokus
Bioökonomie

Herr über Milliarden

In Jürgen Ecks Brain AG schürfen unzählige Mikroben Gold oder verwandeln CO in Rohstoffe. Mit ihnen will er die Industrie umkrempeln.

Das Herz des Unternehmens schlägt im Keller. Im Kunstlicht reiht sich Gefrierschrank an Gefrierschrank – auf den meisten zeigt das Thermometer minus 80 Grad. Darin lagern Zigtausende Mikroorganismen, Naturstoffe und Enzyme in winzigen Schalen, sogar einzelne DNA-Abschnitte sind darunter. Die Brain AG in Zwingenberg, am Fuß des Odenwalds, lebt von diesem Schatz. „Wir haben eines der weltweit größten Bioarchive, wenn nicht das größte“, sagt CEO Jürgen Eck. Der Baukasten aus der Natur soll von einer Produktion, die Rohstoffe und fossile Energien verbraucht, in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft führen. Denn die Mikroben in den Kühltruhen können nach Edelmetall schürfen und Bioplastik herstellen, sie produzieren Enzyme zur Wundversorgung oder neuartige Süßstoffe, die im Gegensatz zu Zucker nicht dick machen.

Jürgen Eck ist Gründer und CEO der Brain AG Foto: Luise Böttcher/Brain AG

Das deutsche Unternehmen hat es auf diesem Gebiet schon weit gebracht, es ist das Aushängeschild der industriellen Biotechnologie in Europa. Aber der Weg dahin war weit. Es ist keine leichte Aufgabe, die Industrie, diesen behäbigen Tanker, umzusteuern. Know-how allein reicht nicht. Viel wichtiger, merkten die Gründer bald, ist Durchhaltevermögen. Die Geschichte der Brain AG ist damit nicht nur eine vom Potenzial der Bioökonomie, sondern ebenso eine von den zähen Widerständen, die sich ihren Pionieren entgegenstellen.