MIT Technology Review 8/2018
S. 62
TR Mondo

UGANDA

Strom aus landwirtschaftlichem Abfall

Die Uganderin Elizabeth Nyeko arbeitet daran, kleine Gemeinden mit Strom zu versorgen. Foto: Mandulis Energy
Mit Reisstroh und anderen landwirtschaftlichen Abfällen wird jetzt in Uganda Strom erzeugt. Foto: Shutterstock

632 Millionen Menschen leben auf dem afrikanischen Kontinent südlich der Sahara ohne verlässliche, ausreichende Stromversorgung. Das ländliche Afrika mit einer ebenso erschwinglichen wie effizienten Methode zu elektrifizieren, gehört zu den zentralen Herausforderungen bei der Entwicklung des Kontinents. Microgrids, lokale Stromnetze, sind ein beliebtes Modell, haben aber ein Problem: Die einzelnen Kunden fallen dabei stark ins Gewicht, aber ihr Strombedarf lässt sich nur schwer einschätzen. Daraus resultieren Nachteile wie die Überproduktion von Strom und eine ineffiziente Nutzung der Brennstoffe. Das führt am Ende zu höheren Preisen. Doch Elizabeth Nyeko arbeitet daran, dieses Problem zu lösen.

Die 34-jährige Norduganderin, die als Kind vor dem Bürgerkrieg geflohen ist, kennt sich bestens mit Microgrids aus: Nach ihrem Studium gründete sie in Großbritannien zusammen mit ihrem Bruder Peter das Start-up Mandulis Energy. Inzwischen versorgt ihr Unternehmen mit 16 Anlagen und der jeweiligen Leistung von 0,5 Megawatt bereits mehrere dörfliche Standorte in Uganda mit Energie. Als Rohstoff dienen organische Abfälle aus der Landwirtschaft. In den kleinen Biogasanlagen wird daraus Strom produziert. Diese neu gewonnene Energie wird vor allem den Anwohnern und Gewerbetreibenden zur Verfügung gestellt. Damit lassen sich auch die landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Bauern vor Ort weiterverarbeiten. Reis oder Mais zum Beispiel wird in einer Mühle gemahlen. Die dabei anfallenden Abfälle werden wiederum der Biogasanlage zugeführt.

Als Geschäftsführerin eines zweiten Londoner Start-ups namens Modularity Grid arbeitet Nyeko nun daran, Stromproduktion und -nachfrage besser in Einklang zu bringen. Das Unternehmen setzt auf eine intelligente cloudbasierte Plattform. Diese ermöglicht es den Betreibern der dezentralen Stromnetze, den individuellen Verbrauch besser zu verfolgen und vorherzusagen.

Überschüssiger Strom wird außerdem an einen bestimmten Benutzer weitergeleitet, der eine konstante Leistung benötigt und als sogenannte „Ankerlast“ geführt wird. Das kann beispielsweise die örtliche Reismühle sein wie in Olwiyo, wo Nyeko ihre Modularity-Grid-Lösung erstmals testet. „Wenn uns dieses Modell gelingt, können wir Mini-Netze in einem Umfeld mit niedrigem Einkommen tragfähig machen“, sagt Nyeko. Die Unternehmerin vermarktet ihre Lösung auch an andere Anbieter. Schließlich, so glaubt sie, kann ihr Konzept auch dazu beitragen, nationale Netze effizienter zu machen – zum Beispiel in den USA.

Derzeit entwickeln Nyeko und das Unternehmen Mandulis Energy – unterstützt von diversen internationalen Geldgebern – ein zweites Stromprojekt in Uganda: In Gulu soll die vorerst größte Biogasanlage Afrikas mit einer Kapazität von 20 Megawatt entstehen. 15000 Bauern sollen von dem Projekt finanziell profitieren.

Während der Strom ins nationale Netz des Landes eingespeist werden soll, wird auch die Umwelt einen Nutzen davontragen. Bei der Biogasanlage, betrieben unter anderem mit Erdnussschalen und Reishülsen, werden quasi als Nebenprodukt erschwingliche Briketts aus Pflanzenkohle abfallen. Mit ihnen kann die örtliche Bevölkerung künftig ihre Kochherde befeuern, ohne die wertvollen Wälder abzuholzen, um das Holz selbst oder Holzkohle zur Essenszubereitung zu nutzen.

Jonathan W. Rosen, Inge Wünnenberg