MIT Technology Review 12/2019
S. 80
Fokus
Einkaufen

Was kostet die (Um-)welt?

Die Massenfertigung hat das Leben billig gemacht. Nun macht sie es zu billig. Dabei können wir uns höhere Preise leisten – wenn wir es gerecht anstellen.

Von Robert Thielicke

Der Sandwichmaker für 10 Euro, das T-Shirt für einen Euro oder 380 Milliliter Kaffeegetränk für 65 Cent. Ist das noch der Segen der Massenproduktion – oder schon ihr Wahnsinn? Über Jahrzehnte hinweg haben Industria­lisierung und Automatisierung die Preise sinken lassen, und lange war es eine große Erfolgsgeschichte: Luxus wurde demokratisch.

Inzwischen allerdings sind viele Produkte so billig geworden, dass wir nicht mehr nur kaufen, was wir brauchen, ­sondern was wir können. Jüngstes, aber nicht ­einziges Beispiel, ist der Trend zu Ultrafast-Fashion: Was immer in sozialen Medien ­gerade Anklang findet, wird innerhalb weniger Wochen auf den Markt gebracht – und verschwindet ebenso rasch wieder. Bis zu 4500 neue Stücke produziert Marktführer Asos etwa jede Woche, so jedenfalls hat es das Beratungsunternehmen CoreSight analysiert. Andere Marken wie Missguided oder Boohoo kommen immerhin auf 250 beziehungsweise 100 neue ­Teile. Und wie Wachstumsraten von 13 Prozent (Asos) bis 48 Prozent (Boohoo) zeigen, kaufen die Menschen sie auch. Schon vor diesem Trend, im Jahr 2015, ­ergab eine Umfrage von Greenpeace, dass Konsumenten ein Fünftel ihrer Kleidungsstücke so gut wie nie tragen. Mit Ultrafast-­Fashion wird sich das sicherlich nicht bessern.