Technology Review Special 2019
S. 50
Digitalisierung
Fälschungen
Foto: Shutterstock

Echt falsch

Deep Fakes sind täuschend echte Imitationen von Menschen. Schon jetzt ­gelingen damit neue Betrugsmaschen – dabei ist die Technik noch nicht einmal ausgereift.

Von Boris Hänßler

Der Geschäftsführer des britischen Energieunternehmens hatte keinen Zweifel, dass er am Telefon die vertraute Stimme von Johannes hörte, dem Chef der deutschen Muttergesellschaft. Dieser war offenbar in Panik. Er müsse ­sofort einen ungarischen Lieferanten bezahlen, sonst drohe eine ­Vertragsstrafe, erzählte er – aus Großbritannien könne die ­Überweisung wegen der Zeitverschiebung noch am selben Tag erledigt werden. Der Brite zögerte nicht und überwies 220000 Euro auf das vom Anrufer angegebene Konto. Doch damit ging er einem geschickten Betrüger auf den Leim.

Euler Hermes, eine Tochter der Allianz-Versicherung, die für den Schaden aufkommen sollte , sah sich den Vorfall ­genauer an und fand heraus, dass die Kriminellen ein Maschinenlernsystem namens Lyrebird genutzt hatten. Trainiert man es mit Aufnahmen von der Stimme eines Menschen, kann es ihn ­imitieren, von der Tonalität bis hin zum Akzent – zwei bis drei Minuten Tonmaterial reichen. Um mit fremder Stimme zu ­sprechen, braucht ein Betrüger dann nur noch ein Keyboard. Und er muss schnell tippen können, denn Lyrebird wandelt nur schriftlichen Text in Sprache um.